Paul-Ehrlich-Institut

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Si­cher­heits­be­wer­tung von Alu­mi­ni­um in The­ra­pie­all­er­ge­nen

Das Paul-Ehrlich-Institut hat vermehrt Anfragen zu möglichen Risiken durch Aluminium in Therapieallergenen erhalten. Dieser Text beschreibt den aktuellen Kenntnisstand zu den wichtigsten Fragen zu dieser Thematik.

Es sind keine wissenschaftlichen Daten bekannt, die eine Gefährdung von Kindern oder Erwachsenen durch eine subkutane Immuntherapie mit aluminiumhaltigen Adjuvanzien gezeigt haben. Die derzeitige Datenlage lässt außerdem bei der Anwendung von Aluminiumhydroxid keine Erhöhung des Risikos erkennen, Allergien zu entwickeln. Es liegen keine Gründe vor, die Praxis der Verwendung von zugelassenen Therapieallergenen, die mit Aluminium adjuvantiert sind, zu ändern.

1. Zusammenfassung

Wiederholte Anfragen zu möglichen Risiken durch Aluminium in biomedizinischen Arzneimitteln von Fachverbänden, Patientenorganisationen und Journalisten haben das Paul-Ehrlich-Institut veranlasst, den aktuellen Kenntnisstand zur Sicherheit von aluminiumhaltigen Adjuvanzien in Therapieallergenen zusammenzufassen.

Die Verwendung von Aluminiumhydroxid als Adjuvans in Produkten zur spezifischen Immuntherapie (SIT) ist seit vielen Jahrzehnten etabliert. Die Allergene (Antigene) sind dabei an schwerlösliches Aluminiumhydroxid adsorbiert. Dabei verstärken die Adjuvanzien die immunologische Wirkung dieser Allergene und wirken als Depot. Somit trägt der Einsatz von Adjuvanzien zum therapeutischen Erfolg und der Verträglichkeit dieser Arzneimittel wesentlich bei.

Die gesundheitliche Unbedenklichkeit der Aufnahme von Aluminium aus Therapieallergenen wird immer wieder kritisch hinterfragt. Die Bedenken werden unterstützt durch eine Vielzahl von Veröffentlichungen zu Untersuchungen an Tieren, die allerdings kein schlüssiges Bild zulassen, da sie entweder sehr hohe Aluminiumexpositionen beinhalten oder insgesamt methodisch fragwürdig sind. Vielmehr sind keine wissenschaftlichen Daten bekannt, die eine Gefährdung von Kindern oder Erwachsenen durch eine subkutane Immuntherapie mit aluminiumhaltigen Adjuvanzien gezeigt haben.

Der Beitrag einer Behandlung mit aluminiumhaltigen Therapieallergenen zur lebenslangen Akkumulation von Aluminium im Organismus ist im Vergleich zur Aufnahme von Aluminium aus anderen Quellen als gering einzustufen. Vor dem Hintergrund des Nutzens der Therapie für den Patienten ist er vertretbar.

Derzeit liegen keine Gründe vor, die Praxis der Anwendung von zugelassenen Therapieallergenen, die mit Aluminium adjuvantiert sind, zu ändern.

Aufgrund einer Vorgabe des Pädiatrieausschusses (PDCO) bei der Europäischen Arzneimittelagentur werden in nächster Zeit in klinischen Studien an Erwachsenen auch Daten zur Aluminiumbelastung erhoben. Sollten sich aus diesen Studien relevante neue Erkenntnisse ergeben, wird das Paul-Ehrlich-Institut diese bei der Bewertung der Sicherheit von Aluminium in Therapieallergenen berücksichtigen.

2. Verfügbarkeit von Therapieallergenen in Deutschland

Derzeit gibt es in Deutschland insgesamt 210 zugelassene Therapieallergene zur subkutanen Anwendung bei unterschiedlichen Allergien. Von diesen werden 90% mit Aluminiumhydroxid als Adjuvans hergestellt. Bei den anderen Präparaten handelt es sich entweder um Therapieallergene, bei denen keine Adjuvanzien zugesetzt sind (insbesondere Therapieallergene zur Behandlung von Insektengiftallergien), oder um Präparate, die Tyrosin als Adjuvans enthalten.

Im Rahmen der Zulassung eines Arzneimittels werden präklinische und klinische Daten zur Bewertung der Wirksamkeit und Verträglichkeit (Nutzen-Risiko-Verhältnis) geprüft. Eine Zulassung erfolgt nur, sofern diese Prüfung ein positives Ergebnis erbringt. Zusätzlich zu den in Deutschland zugelassenen Arzneimitteln gibt es Therapieallergene, welche als individuelle Rezepturen in Verkehr gebracht werden dürfen. Abhängig von der Art des Allergens erfordern diese Präparate keine Zulassung oder befinden sich auf Grund von Übergangsvorschriften während der derzeit laufenden Zulassungsverfahren im Verkehr. Im Falle der nicht zulassungspflichtigen individuellen Rezepturen liegen dem Paul-Ehrlich-Institut keine präparatespezifischen präklinischen oder klinischen Daten vor. Bei den im Zulassungsprozess befindlichen individuellen Rezepturen ist die Bewertung entsprechender Daten noch nicht abgeschlossen.

2.1. Aluminiumgehalt

Der Aluminiumgehalt ist durch das Europäische Arzneibuch auf 1,25 mg pro Dosis beschränkt. Die derzeit auf dem deutschen Markt befindlichen zugelassenen Produkte mit Aluminium enthalten 0,113 – 1,135 mg/ml Aluminiumhydroxid, was auch der jeweiligen Menge pro Erhaltungsdosis bei einer SIT entspricht. In einem ähnlichen Bereich bewegt sich auch der Aluminiumgehalt der Allergenprodukte, die als individuelle Rezepturen in Deutschland auf dem Markt sind (0,18 – 0,8 mg/Dosis).

3. Sicherheitsbetrachtungen

Hinsichtlich der Sicherheitsbetrachtung sind unterschiedliche Aspekte zu berücksichtigen:

  • Die lokale Verträglichkeit,
  • die systemische akute Toxizität von in den Blutkreislauf gelangtem (resorbiertem) Aluminium,
  • die Langzeitbelastung mit akkumuliertem Aluminium,
  • das Sensibilisierungspotenzial von aluminiumhaltigen Verbindungen.

3.1. Lokale Verträglichkeit

Bekannte, seltene lokale Nebenwirkungen im Zusammenhang mit dem Aluminiumadjuvans in Allergenpräparaten sind Fremdkörperreaktionen (Granulombildung) an der Injektionsstelle. Die Häufigkeit scheint von der Art des verwendeten Extrakts [1] und der Applikation (erhöht bei versehentlicher intradermaler Applikation) abzuhängen. [2]

3.2. Sensibilisierungspotenzial

Insgesamt wird das Sensibilisierungspotenzial von Aluminium als sehr gering eingeschätzt. Kontaktallergien gegen Aluminium sind in der Literatur beschrieben, aber offenbar selten. Bei der Durchführung einer SIT mit aluminiumadsorbierten Allergenextrakten kommt es nur vereinzelt zu einer Sensibilisierung des Patienten. [3, 4, 5]

Die häufig geäußerte Sorge, dass die Anwendung von Aluminium das Allergierisiko generell erhöhen könnte, wird u.a. damit begründet, dass es in Mausmodellen dazu verwendet wird, spezifische Allergien hervorzurufen. Allerdings zeigen Untersuchungen, dass nur dann in den Mäusen eine allergische Immunantwort ausgelöst werden konnte, wenn mit sehr geringen Konzentrationen des Antigens immunisiert wurde. Bei höheren Konzentrationen des Antigens kommt es trotz Aluminiumhydroxid als Adjuvans zu normalen, nicht allergischen Immunreaktionen. [6, 7, 8] Das heißt, es kommt bei diesen Mausmodellen zur Auslösung einer Allergie vor allem auf die Antigenmenge und nicht auf das Adjuvans an, Aluminiumhydroxid dient dabei als Verstärker einer Immunantwort bei ansonsten nur schwach immunogen wirkenden Antigenen.

Von den Tiermodellen kann in diesem Fall nicht auf die Reaktionen bei Patienten geschlossen werden. So werden z.B. in geimpften Patienten IgE-vermittelte allergische Reaktionen auf das Antigen äußerst selten beobachtet. [9, 10] Des Weiteren weist der jahrzehntelange, erfolgreiche Einsatz von Aluminium als Adjuvans in der spezifischen Immuntherapie auf einen gegenteiligen Effekt hin, denn hier führt die wiederholte Applikation aluminiumabsorbierter Allergene nachweislich gerade zur einer Erhöhung der normalen IgG-Immunantwort und zu einer Reduktion allergieauslösender IgE-Antikörper und damit zur ursächlichen Therapie der Allergie. [11, 12, 13]

Darüber hinaus konnte in Langzeitbeobachtungen (bis zu 7 Jahre) gezeigt werden, dass es gerade in den Gruppen, die eine SIT erhalten hatten, zu wesentlich weniger Sensibilisierungen gegen neue Allergene kam, als in Vergleichsgruppen, die keine SIT erhielten. [14, 15] Die derzeitige Datenlage lässt somit bei der Anwendung von Aluminiumhydroxid keine Erhöhung des Risikos erkennen, Allergien zu entwickeln.

3.3. Toxizität

3.3.1. Akute systemische Toxizität

Neurotoxische Wirkungen sowie Effekte auf die Knochenentwicklung und die Fortpflanzung von Aluminium sind bekannt. [16]

Aluminium-Intoxikationen beim Menschen sind von Patienten mit chronischer Niereninsuffizienz bekannt. Bei langjährigen Hämodialyse-Patienten wurden in den 70er Jahren durch übermäßige Aluminium-Zufuhr verursachte Enzephalopathien, Osteomalazien sowie Anämien beschrieben (DES – "Dialysis Encephalopathy Syndrome"). Bei Patienten mit DES wurden Aluminium-Plasmakonzentrationen von 200-500 µg/l erreicht. [17] Als kritische Plasmakonzentration von Aluminium, die bei Patienten unter Langzeit-Dialyse mit ersten Anzeichen von Knochenerweichung (Osteomalazie) oder beginnenden Störungen der Gehirnfunktion assoziiert war, wird > 30 µg/l genannt. [16]

Der Mechanismus der toxischen Wirkung auf das Gehirn ist nicht vollständig aufgeklärt.

Bei der Frage der möglichen systemischen Toxizität im Zusammenhang mit der Anwendung von Therapieallergenen muss bedacht werden, dass es sich nicht um eine intravenöse, sondern eine subkutane Zufuhr von Aluminium handelt, dass also zu keinem Zeitpunkt das gesamte Aluminium gleichzeitig im Blut verfügbar ist.

Die als Adjuvanzien eingesetzten Aluminiumsalze sind schlecht wasserlöslich (das macht einen Teil ihrer Funktion als Adjuvans aus) und liegen nach Injektion unter der Haut als schwerlösliche Mikropartikel vor. Die Auflösung in der Zwischenzellflüssigkeit ist als Voraussetzung für einen Übertritt ins Blut (Resorption) anzusehen. Aufgrund der schlechten Löslichkeit ist von einer sehr langsamen Bioverfügbarkeit auszugehen. Parallel zur langsamen Auflösung werden die Aluminium-Partikel auch von Immunzellen aufgenommen, in denen sie ihre immunverstärkende Wirkung auslösen.

Es gibt keine Studien an Menschen, in denen Ausmaß und Geschwindigkeit der Resorption von Aluminium nach einer Impfung/Allergenapplikation direkt untersucht wurde. Solche Studien sind wegen der geringen zugeführten Mengen im Vergleich zu den endogenen Aluminiumkonzentrationen und durch das ubiquitäre Auftreten von Aluminium methodisch und analytisch schwierig durchzuführen. Normalwerte der Aluminiumkonzentration im Plasma beim Menschen werden in der Literatur mit 2-7 µg/l angegeben. Es existiert derzeit kein aktueller Referenzwert für Deutschland. [18]

In einer Untersuchung mit radioaktiv markierten Aluminiumadjuvanzien an Kaninchen konnte gezeigt werden, dass innerhalb von 28 Tagen 17 % des intramuskulär applizierten Aluminiumhydroxid resorbiert und 6 % über den Urin ausgeschieden worden waren. [19] Der beobachtete maximale Anstieg der Konzentration von Aluminium im Plasma der Kaninchen um 2 µg/l war im Vergleich zu den Normalwerten im Plasma und zu den beim Menschen als kritisch eingeschätzten Plasmaspiegeln (> 30 µg/l, s.o.) gering.

Für eine wiederholte (20fache) subkutane Applikation von Aluminiumlaktat wurde in postnatalen Entwicklungsstudien an Kaninchen ein sogenannter "no observed effect level" (NOEL) von 0,7 mg/kg pro Tag ermittelt. [20] Das entspricht einer durch Interspezies-Extrapolation unter Berücksichtigung des kalorischen Grundumsatzes berechneten humanen Äquivalentdosis von 23 mg Aluminium für einen 70 kg schweren Erwachsenen, was mindestens der 20fachen Aluminiummenge in Therapieallergenen (0,1 - 1,1 mg/Dosis, s.o.) entspricht.

Des Weiteren ist die zugeführte Menge Aluminium durch eine Immuntherapie vor dem Hintergrund der natürlichen täglichen Exposition aus Nahrungsquellen zu bewerten. Die primäre Quelle der Aluminiumexposition für den Menschen ist die Nahrung. [21] Die Aluminiumaufnahme durch Nahrung/Trinkwasser variiert stark zwischen verschiedenen Regionen in Europa um einem mittleren Bereich von 0,2-1,5 mg/kg pro Woche für Erwachsene. Für Kinder (18 Monate bis 13 Jahre) werden Höchstwerte von 0,7 – 2,3 mg/kg pro Woche beobachtet. [22]

Die mögliche Gefährdung durch Aluminium aus Nahrungsquellen wurde mehrfach von internationalen Expertengremien, wie dem "Joint FAO/WHO Expert Committee on Food Additives" (JECFA) und dem AFC-Panel ("Panel on food additives, flavourings, processing aids and materials in contact with food") der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) bewertet. [22, 23] Die EFSA hat daraus 2008 einen Wert für eine tolerierbare wöchentliche Aufnahme ("tolerable weekly intake", TWI) von Aluminium aus allen Nahrungsquellen von 1 mg Aluminium pro Kilogramm Körpergewicht pro Woche festgelegt.

Bei dem TWI handelt es sich um eine Schätzung für eine durchschnittliche Menge, die lebenslang wöchentlich oral aufgenommen werden kann, ohne dass ein wesentliches Gesundheitsrisiko besteht. Er gründet auf einer Bewertung aller verfügbaren Studien und enthält einen deutlichen Sicherheitsspielraum. Daher ist auch bei Überschreitung des TWI nicht zwangsläufig mit einem toxischen Effekt zu rechnen.

Der TWI bezieht sich auf die perorale Zufuhr von Aluminium in löslichen Verbindungen über Nahrung und Trinkwasser, während es sich bei der SIT um eine parenterale (subkutane) Zufuhr von schwerlöslichen Aluminiumsalzen handelt. Da hierbei völlig unterschiedliche Resorptionsquoten und -geschwindigkeiten zugrunde liegen, ist die Expositionsmenge nicht mit der jeweils systemisch verfügbaren Menge gleichzusetzen. Außerdem bezieht sich der TWI auf eine sich täglich wiederholende lebenslange Zufuhr. Auch wenn der TWI-Wert zur Risikoabschätzung für eine Zufuhr von Aluminium aus Therapieallergenen nicht direkt anwendbar ist, so stellt er gleichwohl eine gewisse Richtgröße dar.

Berechnungen zufolge, die die unterschiedlichen Resorptionsraten der Expositionswege berücksichtigen, liegen die täglich resorbierten Mengen Aluminium während einer SIT in der Größenordnung der täglich aus Nahrung/Trinkwasser resorbierten Menge Aluminium. [21]

3.3.2. Langzeitbelastung

Der Großteil des resorbierten Aluminiums wird vornehmlich über die Niere sehr schnell aus dem Plasma eliminiert. Langzeitbeobachtungen deuten aber an, dass ein kleiner Teil der aufgenommenen Menge mit so extrem langer Halbwertszeit wieder ausgeschieden wird, dass es zu einer Netto-Akkumulation kommt. Modellschätzungen ergeben, dass etwa 1-2% einer resorbierten Dosis im Organismus akkumulieren. Die darüber lebenslang angehäufte Gesamtbelastung ("body burden") mit Aluminium wird auf etwa 35 (5-60) mg Aluminium geschätzt. [24] Ein wesentliches Speicherorgan stellt das Skelettsystem dar, ca. 1% der Gesamtmenge im Organismus befindet sich im Gehirn. [21, 17]

Während einer dreijährigen Erhaltungstherapie (acht Applikationen pro Jahr im sechswöchigen Abstand) mit einem Allergen, das 0,5 mg Aluminium/Dosis enthält, wird kumulativ eine Gesamtdosis von 12 mg Aluminium vom Körper aufgenommen. Bei 2%iger Retention würden sich darüber 0,24 mg Aluminium zu der lebenslang akkumulierenden Menge addieren. Der Beitrag einer Behandlung mit aluminiumhaltigen Therapieallergenen ist daher im Vergleich zum lebenslang angehäuften "body burden" aus anderen Quellen als gering einzustufen.

Zu der häufig diskutierten möglichen Beteiligung von Aluminium an der Entwicklung der Alzheimer-Erkrankung hat das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) zuletzt 2007 umfassend Stellung genommen. [25] Es kommt zu dem Schluss, dass ein Zusammenhang zwischen einer erhöhten Aluminium-Aufnahme aus Lebensmitteln inklusive Trinkwasser, Medikamenten oder kosmetischen Mitteln und einer Alzheimer-Erkrankung bisher wissenschaftlich nicht belegt ist.

3.3.3. Auflagen des Pädiatrieausschusses bei der Europäischen Arzneimittelagentur

Der Pädiatrieausschuss PDCO bei der Europäischen Arzneimittelagentur EMA hat nach Konsultation der "Safety Working Party" des CHMP [26] pharmazeutischen Unternehmern, die pädiatrische Prüfpläne (PIP) gemäß der gesetzlichen Regelungen (nach Artikel 7 der EU Verordnung 1901/2006) einreichen mussten, auferlegt, in den ausstehenden klinischen Studien zur Dosisfindung und Wirksamkeit an Erwachsenen auch Daten zur Aluminiumbelastung zu erheben, bevor die entsprechenden Studien bei Kindern und Jugendlichen beginnen. Das PDCO hat die Empfehlung des CHMP als Bedingung für die Entwicklung der Therapieallergene für Kinder in dem Beschluss zum pädiatrischen Prüfkonzept (nach EU 1901/2006) festgeschrieben. Die Ergebnisse der Untersuchungen stehen derzeit aus.

Sollten sich aus diesen Studien relevante neue Erkenntnisse ergeben, wird das Paul-Ehrlich-Institut diese bei der Bewertung der Sicherheit von Aluminium in Präparaten zur SIT berücksichtigen.

4. Daten aus der Pharmakovigilanz in Deutschland

Dem Paul-Ehrlich-Institut wurden von 1986 bis 2013 im Rahmen der Spontanerfassung nur wenige Fälle von Lokalreaktionen, darunter wenige Einzelfälle mit Granulomen oder Knötchen, gemeldet, was vor dem Hintergrund der großen Zahl von Behandlungen sehr gering ist. Dabei ist zu beachten, dass nicht schwerwiegende unerwünschte Reaktionen vom Zulassungsinhaber nicht als Einzelfallbericht an das Paul-Ehrlich-Institut zu melden sind.

Bisher wurde dem Paul-Ehrlich-Institut kein Verdachtsfall mit Reaktionen, die auf eine Anämie oder auf metabolische Knochenerkrankungen (wie z.B. Osteomalazie) hinweisen könnten, im zeitlichen Zusammenhang mit der Anwendung von Therapieallergenen gemeldet.

Auch die Analyse der Verdachtsfälle mit neurologischen Reaktionen ergab kein Signal eines Arzneimittelrisikos. Die Mehrzahl der gemeldeten neurologischen Reaktionen trat im Rahmen systemischer allergischer Reaktionen auf (z.B. Schwindel, Parästhesien). Es wurden insgesamt 39 Fälle mit unterschiedlichen neurologischen Symptomen ohne ersichtlichen Zusammenhang mit einer systemischen allergischen Reaktion gemeldet. Davon war in 14 Fällen der Zusammenhang mit Begleiterkrankungen oder Begleitmedikationen wahrscheinlicher oder es handelte sich um eine schon vorbestehende Erkrankung oder eine vorübergehende Verschlechterung einer vorbestehenden Erkrankung. Die wenigen nicht darunter zu fassenden Fälle zeigen ein breites Spektrum an unterschiedlichen Symptomen und sind angesichts des Zeitraums von 26 Jahren im zeitlichen und nicht in einem kausalen Zusammenhang zu sehen.

5. Fazit

Wissenschaftliche Daten lassen nicht auf eine Gefährdung von Kindern oder Erwachsenen durch eine subkutane Immuntherapie mit aluminiumhaltigen Adjuvanzien schließen.

Eine spezifische Auswertung aller Nebenwirkungsmeldungen des Paul-Ehrlich-Instituts zu Therapieallergenen von 1986 bis 2013 ergibt kein Sicherheitssignal.

Das allergene Potenzial von Aluminium ist sehr gering. Die derzeitige Datenlage lässt auch keine Erhöhung des Risikos erkennen, Allergien auf andere Stoffe zu entwickeln.

Der Beitrag einer Behandlung mit aluminiumhaltigen Therapieallergenen zur lebenslangen Akkumulation von Aluminium im Organismus ist im Vergleich zu anderen Quellen als gering einzustufen und erscheint vor dem Hintergrund des Nutzens für den Patienten vertretbar.

Das Nutzen-Risiko-Verhältnis von Aluminium-adjuvantierten Allergenen ist positiv. Nach derzeitigem Kenntnisstand liegen keine Gründe vor, die Praxis der Anwendung von zugelassenen Therapieallergenen, die mit Aluminium adjuvantiert sind, zu ändern.

6. Literatur

  1. Wüthrich et al. Safety and efficacy of specific immunotherapy with standardized allergenic extracts adsorbed on aluminium hydroxide. J Investig Allergol Clin Immunol 11:149-156, 2001.

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  3. Frost L et al., Persistent subcutaneous nodules in children hyposensitized with aluminium-containing allergen extracts. Allergy 1985; 40:368-72

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  21. Yokel RA and McNamara PJ, Aluminium Toxicokinetics: An updated MiniReview. Pharmacology & Toxicology 2001;88:159-167.

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  26. www.ema.europa.eu/docs/en_GB/document_library/Scientific_guideline/2011/07/WC500108657.pdf

Aktualisiert: 21.01.2014