Paul-Ehrlich-Institut

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Be­kannt­ma­chung über die Zu­las­sung von Arz­nei­mit­teln - Ab­wehr von Arz­nei­mit­tel­ri­si­ken Stu­fe 2 - Ver­min­de­rung des Ri­si­kos von Zi­ka-In­fek­tio­nen durch nicht pa­tho­gen-in­ak­ti­vier­te Blut­kom­po­nen­ten und ge­fro­re­nes Frisch­plas­ma (An­ord­nung der Spen­der­rück­stel­lung von Per­so­nen, die sich in den letz­ten vier Wo­chen in ei­nem Zi­ka-En­de­mie­ge­biet auf­ge­hal­ten ha­ben) - Vom 23. Sep­tem­ber 2016

Sie finden diese Bekanntmachung im Original im Bundesanzeiger BAnz AT 08.11.2016 B5.

Nach schriftlicher Anhörung des Paul-Ehrlich-Instituts (PEI) vom 17.08.2016 wird der Bescheid des PEI vom 03.03.2016 gegenüber den pharmazeutischen Unternehmern, die nicht pathogen-inaktivierte zelluläre Blutkomponenten und gefrorenes Frischplasma in den Verkehr bringen, im Tenor und in der Begründung ergänzt und lautet somit wie folgt:

Bescheid:

  1. Bei der Herstellung von Vollblut, zellulären Blutkomponenten und gefrorenem Frischplasma, die keinem Verfahren zur Virusinaktivierung unterworfen wurden, darf kein Ausgangsmaterial aus Spenden verwendet werden, deren Spender sich in den letzten vier Wochen vor der Blut- oder Plasmaspende in einem Risiko-Endemiegebiet für Zika-Viren aufgehalten haben.
    Diese Gebiete umfassen Teile von Mittel- und Südamerika (im Einzelnen: Barbados, Bolivien, Brasilien, Kolumbien, Puerto Rico (US-Territorium), Costa Rica, Curacao, Dominikanische Republik, Ecuador, El Salvador, Französisch Guayana, Guadeloupe, Guatemala, Guyana, Haiti, Honduras, Martinique, Mexico, Panama, Nicaragua, Paraguay, Saint Martin, Surinam, Amerikanische Jungferninseln und Venezuela), die Karibik, die Inseln im Pazifischen Ozean mit Amerikanisch-Samoa und Samoa, Afrika mit der Inselgruppe der Kapverden sowie zusätzlich den Bundesstaat Florida in den USA.
  2. Eine Entscheidung über die Kosten ergeht durch gesonderten Bescheid.

Begründung:

Die Auflage beruht auf den Bestimmungen von § 28 Abs. 3 c Satz 1 Nr. 1 des Arzneimittelgesetzes (AMG).

Danach kann das PEI, soweit es zur Risikovorsorge geboten ist, bei den o.g. Arzneimitteln durch Auflage anordnen, dass bei ihrer Herstellung und Kontrolle bestimmte Anforderungen eingehalten und bestimmte Maßnahmen und Verfahren angewendet werden.

Die Auflage ist geboten, um dem Risiko der Übertragung des Erregers von Zikafieber (Zikavirus) durch die Transfusion der o.g. Arzneimittel vorzubeugen.

Bereits durch Bescheid vom 03.03.2016 wurde die Notwendigkeit der Rückstellung von Spendern aus Endemiegebieten für Zikavirus ausführlich dargelegt. Auf die Begründung im Bescheid vom 03.03.2016 wird daher Bezug genommen.

Das Zikavirus gehört zu den Arboviren aus der Familie der Flaviviren. Das Virus wird von Mücken der Gattung Aedes (Stegomyia), vorwiegend durch die Gattung Aedes aegyptii (Gelbfiebermücke), auf den Menschen übertragen, aber auch für die Gattung Aedes albopictus (Tigermücke) werden Übertragungen berichtet. Das Virus wurde erstmals 1947 aus Affen aus dem Zika-Urwald in Uganda isoliert. Der erste Ausbruch des Virus außerhalb von Afrika und Asien wurde 2007 in Mikronesien im Nordpazifik dokumentiert und darauf folgend dann in anderen Inselstaaten im pazifischen Raum wie Französisch-Polynesien beobachtet. Im Jahr 2015 wurden Zikavirusinfektionen – ebenfalls mit dem asiatischen Genotyp – beim Menschen erstmalig auch in Brasilien beschrieben. In der zweiten Jahreshälfte 2015 wurden dann zunehmend auch Infektionen in Kolumbien, Venezuela und aus Ländern Mittelamerikas berichtet.

Das klinische Bild einer Zikavirusinfektion ist im Vergleich zu Infektionen mit Chikungunya- oder Dengue-Virusinfektionen eher mild. Die Infektion wird symptomatisch durch ein makulo-papulöses Exanthem sowie Kopf-, Gelenk- und Gliederschmerzen, oft begleitet von einer nichteitrigen Konjunktivitis und subfebrilen bis mäßig febrilen Temperaturen. Die ersten Symptome treten in einem Zeitraum von 3 bis 12 Tagen (im Mittel nach 3 bis 7 Tagen) nach einem infektiösen Mückenstich auf, der gesamte Krankheitsverlauf dauert etwa eine Woche. Eine stationäre Therapie im Krankenhaus ist meistens nicht erforderlich. Ein großer Teil der Infektionen verläuft klinisch inapparent. Todesfälle im Zusammenhang mit bestätigten Zika-Infektionen wurden nur sehr vereinzelt bei Personen mit vorbestehenden schweren Grunderkrankungen berichtet.

Darüber hinaus ist von einem Zusammenhang zwischen Zikavirusinfektion und Guillain-Barré-Syndrom auszugehen. Eine Fall-Kontroll Studie in Französisch-Polynesien weist darauf hin, dass ein postinfektiöses Guillain-Barré-Syndrom (GBS) durch eine Zikavirusinfektion ausgelöst werden kann. Außerdem wurde in 14 Ländern und Gebieten weltweit eine erhöhte Inzidenz des Guillain-Barré-Syndroms und/oder eine Bestätigung einer Zikavirusinfektion bei Patienten mit Guillain-Barré-Syndrom berichtet. In allen Ländern, in denen eine erhöhte Inzidenz des Guillain-Barré-Syndroms berichtet wurde, wurde der Krankheitsausbruch durch das Zikavirus des asiatischen Stamms verursacht.

Es besteht mittlerweile Konsens, dass das Zikavirus zu Schädel-Hirn-Fehlbildungen (z.B. Mikrozephalie) bei Föten führen kann, wenn sich schwangere Frauen infizieren. Klinische Studien werden von In-vitro-Studien mit humanen kortikalen neuronalen Progenitorzellen sowie In-vivo-Studien in Mäusen gestützt, die gezeigt haben, dass Zikavirus die Plazenta passieren und über die Infektion neuronaler Progenitorzellen eine Mikrozephalie verursachen kann. Die Häufigkeit einer Übertragung über die Plazenta sowie mögliche zusätzliche Risikofaktoren sind derzeit noch unbekannt. Es gibt jedoch zunehmend Hinweise, dass das Risiko für ZNS-Fehlbildungen und Mikrozephalie mit dem Gestationsalter assoziiert und bei einer Infektion im ersten und zweiten Trimester der Schwangerschaft erhöht ist.

Neben der Mikrozephalie werden weitere kongenitale Schäden wie zum Beispiel bilaterale makulare und peri-makulare Läsionen und Veränderungen des Nervus opticus sowie Gelenkkontrakturen (Arthrogryposis) berichtet. Zikavirus wurde mittels RT-PCR im Blut gesunder Spender in Französisch-Polynesien festgestellt und kann durch Bluttransfusion übertragenen werden. In zwei dieser Fälle wurde die Übertragung durch Abgleich der Sequenzanalyse des Zikavirusgenoms zwischen Spender und Empfänger bestätigt.

Das PEI hatte bereits mit E-Mail vom 01.08.2016 empfohlen, die weitere Entwicklung, gegebenenfalls auch eine weitere Ausbreitung von Zikavirusinfektionen in den Südstaaten der USA aufmerksam zu beobachten und, soweit erforderlich, eigenverantwortlich die Spenderrückstellung anzupassen.

Inzwischen gibt es zwei Gebiete im Bezirk Miami-Dade, in denen Zikavirus aktiv durch Mücken übertragen wird. Außerdem wurden in mehreren Bezirken (z.Zt. Miami-Dade, Broward, Palm-Beach, Pinellas) Fälle einer nicht reiseassoziierten Zikavirusinfektion beobachtet, so dass eine fortschreitende räumliche Ausdehnung des Zikavirus in Florida möglich erscheint. Inzwischen gehen die staatlichen Behörden in Florida von 79 mit Zikavirus autochthon erworbenen Infektionen aus [Stand 16.09.2016].

Aus Gründen der Praktikabilität bei der Eruierung der genauen Aufenthaltsgebiete von potentiellen Blutspendern sowie aufgrund der fortschreitenden räumlichen Ausdehnung des Zikavirus in Florida hält das PEI eine Rückstellung nach Aufenthalt im gesamten US-Bundesstaat Florida für sinnvoll und fachlich gerechtfertigt.

Daher ist die Ergänzung des Bescheids vom 03.03.2016 in Gestalt des o.g. Tenors geboten, um auszuschließen, dass aus dem Endemiegebiet des Bundesstaates Florida kommende infizierte, aber noch symptomfreie Personen bzw. Personen mit nur milden Symptomen infektiöses Blut spenden. Es soll dem Risiko der Übertragung des Erregers von Zikafieber (Zikavirus) durch die Transfusion der o.g. Arzneimittel vorgebeugt werden. Dabei wird auch für das Endemiegebiet des Bundesstaates Florida ein Zeitraum von vier Wochen der Rückstellung nach Rückkehr aus dem Bundesstaat Florida für erforderlich gehalten, um auch überdurchschnittlich lange Inkubationszeiten zu erfassen.

Zu dieser Ergänzung des Bescheids vom 03.03.2016 wurden die o.g. pharmazeutischen Unternehmer mit Schreiben vom 17.08.2016 angehört. Mit Ausnahme eines Inhabers der Zulassung wurden keine Einwände erhoben bzw. zustimmende Stellungnahmen abgegeben. Von den pharmazeutischen Unternehmern, die eine Stellungnahme abgegeben haben, hat die Mehrheit mitgeteilt, dass sie die beabsichtigte Maßnahme bereits umgesetzt haben.

Von Seiten eines Zulassungsinhabers wurde angeregt, dass die Blutspendedienste in Eigenverantwortung regelmäßig Zikavirus-Risikogebiete aktualisieren, sodass ein gesonderter Bescheid bezüglich der Ausweitung der Endemiegebiete auf Florida (USA) nicht erforderlich sei. Weiterhin schlug dieser Zulassungsinhaber vor, ausschließlich die Gebiete in Florida, in denen autochthone Übertragungen durch die CDC bestätigt wurden, bei der Spenderrückstellung zu berücksichtigen. Begründet wurde der Vorschlag mit der Vermeidung von verzichtbaren Rückstellungen zur Gewährleistung der Versorgungssicherheit.

Das Paul-Ehrlich-Institut folgt den beiden Vorschlägen des Zulassungsinhabers aus folgenden Gründen nicht:

  1. Die Eruierung der genauen Aufenthaltsgebiete von potentiellen Blutspendern ist mitunter schwierig, da nicht sichergestellt ist, dass die Blutspender genaue Kenntnis über den Namen des Bezirks bzw. der verschiedenen Bezirke haben, in dem/denen sie sich aufgehalten haben. Hinzu kommt die sich zeigende Tendenz einer fortschreitenden räumlichen Ausdehnung des Zikavirus im Bundesstaat Florida.
  2. Ein signifikanter Rückgang der Spenden, welcher zu einem Versorgungsengpass führen könnten, ist nicht zu erwarten. Denn gemäß der Stufenplananordnung vom 11.04.2014, ergänzt durch die Anordnung vom 22.01.2014 zum Ausschluss von Blutspendern zur Verhinderung einer möglichen Übertragung des West-Nil-Virus durch nicht pathogen-inaktivierte Blutkomponenten in Verbindung mit der Stufenplananordnung vom 02.09.2003 (Bekanntmachung im Bundesanzeiger Nr. 180 vom 25. September 2003, S. 21) ist Nordamerika bereits als Risikogebiet definiert und eine vierwöchige Spenderrückstellung im Zeitraum vom 01. Juni bis 30. November muss daher ohnehin erfolgen.

Die Dynamik der Situation erfordert es auch weiterhin, dass sich die verantwortlichen Inhaber der Zulassung regelmäßig auf der WHO/CDC-Internetseite (z.B. http://www.cdc.gov/zika/geo/) über die aktuelle Entwicklung informieren und ggf. eigenverantwortliche Maßnahmen ergreifen.

Rechtsbehelfsbelehrung:

Dieser Verwaltungsakt gilt zwei Wochen nach Veröffentlichung im Bundesanzeiger als bekannt gegeben.
Gegen diesen Bescheid kann innerhalb eines Monats nach diesem Zeitpunkt Widerspruch erhoben werden. Der Widerspruch ist beim Paul-Ehrlich-Institut, Bundesamt für Sera und Impfstoffe, Paul-Ehrlich-Straße 51-59, 63225 Langen, schriftlich oder zur Niederschrift zu erheben.

Hinweis:

Die Umsetzung der Anordnung ist dem Paul-Ehrlich-Institut durch Änderungsanzeige gemäß § 29 Abs. 1 Satz 1 Arzneimittelgesetz (AMG) unverzüglich mitzuteilen.

Falls der pharmazeutische Unternehmer eine Spenden-Stammdokumentation eingereicht hat (vgl. Bundesanzeiger Nr. 187 vom 06.10.2001, S. 21361) und diese vom Paul-Ehrlich-Institut bestätigt wurde, kann die Änderungsanzeige für diese Stammdokumentation erfolgen.

Langen, den 23.09.2016

N0.05.02.06/0001#0013

Paul-Ehrlich-Institut
– Bundesinstitut für Impfstoffe und biomedizinische Arzneimittel –
Prof. Dr. K. Cichutek

Aktualisiert: 08.11.2016