Paul-Ehrlich-Institut

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Zu­sam­men­fas­sen­de In­for­ma­ti­on des Paul-Ehr­lich-In­sti­tuts zur Un­ter­bre­chung kli­ni­scher Gentherapie-Stu­di­en nach Leuk­ämi­e­fall in Frank­reich

Leukämiefall nach Gentherapie in Frankreich behindert Fortsetzung klinischer Prüfungen mit retroviralen Vektoren in Deutschland

Dr. Alain Fischer, Hospital Necker, Paris, hatte dem Paul-Ehrlich-Institut im September 2002 mitgeteilt, dass bei einem in Frankreich mittels Gentherapie behandelten Patienten eine Leukämieähnliche Krankheit diagnostiziert worden war. Im Rahmen der dort durchgeführten Studie, die bis heute unterbrochen ist, wurden Kinder, die an der erblichen Immunschwächekrankheit SCID-X1 leiden (Typ X1 der "Severe Combined Immunodeficiency Disease"), mit eigenen Blutstammzellen behandelt. Die Normalfunktion der Blutstammzellen wird durch retroviralen Transfer der funtionsfähigen Form (Allel) des bei dieser Erbkrankheit defekten Gens hergestellt. Ausgehend von dieser Meldung hatte die Kommission Somatische Gentherapie (KSG) des Wissenschaftlichen Beirates der Bundesärztekammer zuletzt im November 2002 in Abstimmung mit dem Paul-Ehrlich-Institut über die mögliche Fortsetzung entsprechender Gentherapie-Studien mit retroviralen Vektoren in Deutschland beraten. Bei drei von insgesamt 16 derartigen in Deutschland gemeldeten klinischen Prüfungen war nach der Sitzung eine Wiederaufnahme, bei zwei Studien der Neubeginn der klinischen Prüfungen in Aussicht gestellt worden (siehe gemeinsame Mitteilung des Paul-Ehrlich-Instituts und der Bundesärztekammer vom 22.11.2002). Bei zwei der zuletzt genannten Studien sollen in Deutschland mittels retroviral modifizierter Blutstammzellen HIV-Infizierte und Patienten, die an der erblichen Immunmangelkrankheit Chronische Granulomatose (CGD; "Chronic Granulomatous Disease") leiden, behandelt werden. Derzeit sind in Deutschland jedoch alle klinischen Prüfungen unter Verwendung lebender, retroviral modifizierter Zellen weiterhin unterbrochen, die meisten Studien wurden bereits abgeschlossen.

"Für die Gentherapie unter Verwendung retroviral modifizierter Blutstammzellen ist erhöhte Aufmerksamkeit geboten," äußerte Prof. Klaus Cichutek, Vizepräsident des Paul-Ehrlich-Instituts. Über die Häufigkeit des Auftretens einer Leukämie bei retroviraler Modifizierung von Blutstammzellen könne noch nicht abschließend geurteilt werden. Die ethische Vertretbarkeit klinischer Prüfungen in Deutschland, die mit der französischen Studie vergleichbar sind, sei weiterhin kritisch zu prüfen. Nach einem der möglichen, derzeit allerdings unbewiesenen Erklärungsansätze, könnten Leukämien bei der SCID-X1-Studie durch die Verwendung des retroviralen Gentransfers an Blutstammzellen und weitere, das Zellwachstum fördernde Konditionen, verursacht werden.

Hintergrundinformation

In Deutschland wurden seit Unterbrechung aller 16 klinischen Prüfungen unter Verwendung lebender, retroviral modifizierter Zellen drei Protokollergänzungen (geänderte Studienunterlagen) und ein Neuantrag für die Fortsetzung von Studien sowie ein Neuantrag vorgelegt (Antrag bei der KSG).

Gentherapie einer monogenen Erbkrankheit:

Zur Behandlung der lebensbedrohlichen monogenen Erbkrankheit Chronische Granulomatose (CGD; "Chronic Granulomatous Disease") werden eigene (autologe) Blutstammzellen des Patienten übertragen, deren Gendefekt mittels retroviraler Übertragung des funktionellen Gens korrigiert wurde. Dies soll helfen, die angeborene Immunschwäche zu mildern oder zu heilen.

Status: 1 angemeldete Studie; unterbrochen; geänderte Studienunterlage liegt zur Beratung vor.

GvHD-Behandlung durch Suizidgentransfer und Ganciclovirgabe:

Unterdrückung von Abstossungskomplikationen bei der Behandlung von Leukämien durch Transplantation fremder (allogener) Blutstammzellen und Lymphozyten. Die Übertragung der Fremdspenderlymphozyten ist eine konventionelle Tumorbehandlung, die nach vorhergehender Chemotherapie und allogener Stammzelltransplantation zu einer Unterdrückung der Leukämie führt (Spender-gegen-Leukämie Effekt). Allerdings kann als unter Umständen lebensbedrohliche Komplikation eine von den übertragenen Lymphozyten hervorgerufene, überschiessende immunologische Abwehrreaktion auftreten (Spender-gegen-Wirt Krankheit; GvHD). Wenn Fremdspenderlymphozyten verwendet werden, denen ein medikamentös aktivierbares, zellabtötendes Gen (Suizidgen; Thymidinkinasegen des Herpes simplex Virus) retroviral übertragen wurde, können diese Zellen bei Auftreten einer schwerwiegenden GvHD durch Gabe des spezifischen Medikaments im Körper abgetötet werden, so dass eine lebensbedrohliche Komplikation vermieden wird.

Status: 4 angemeldete Studien; unterbrochen, geänderte Studienunterlagen liegen zur Beratung vor.

HIV-Gentherapie:

Durch Übertragung von Lymphozyten, die eine HIV-hemmendes Gen tragen, soll die HIV-Vermehrung im Körper unterdrückt werden.

Status: 1 angemeldete Studie, nicht begonnen und permanent unterbrochen; 1 Neuantrag liegt zur Beratung vor.

Lokale Gentherapie der rheumatoiden Arthritis:

Aus von der Arthritis betroffenen Gelenken werden (Synovial)-Zellen entnommen. Nach Übertragung eines Gens (IRAP, "Interleukin Receptor Antagonist"), dessen Produkt zur Gelenkentzündung beitragende Faktoren (Zytokine) abfangen kann, werden die modifizierten Zellen wieder in das Gelenk übertragen.

Status: 1 angemeldete Studien; unterbrochen. Neuantrag zur Weiterführung dieser Studie liegt zur Beratung vor.

Aktualisiert: 23.12.2002