Paul-Ehrlich-Institut

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Er­gän­zen­de Hin­wei­se des Paul-Ehr­lich-In­sti­tuts und des Ro­bert Koch-In­sti­tuts zur Imp­fung ge­gen die Neue In­flu­enza A (H1N1) zur er­neu­ten Be­wer­tung durch die STI­KO

Auszug aus der Vorabpublikation des Epidemiologischen Bulletin Nr. 50 des Robert Koch-Institus mit der erneuten Bewertung der Ständigen Impfkommission STIKO zur Impfung gegen die Neue Influenza A (H1N1)
(u.a. Aktualisierung der vorläufigen Empfehlung des Paul-Ehrlich-Instituts und des Robert Koch-Instituts zur Anzahl der benötigten Teildosen des pandemischen Impfstoffs Pandemrix)

Hinweis: Dies ist eine Archivinformation, hier geht es zum Überblick mit allen Informationen zur Influenza-Pandemie 2009/2010.

I) Notwendige Dosierung zum Erreichen einer protektiven Immunität

Die STIKO, die ihre Empfehlungen im Rahmen der Zulassungen nach dem Arzneimittelgesetz ausspricht, hat sich selbst nicht zur Anzahl der Impfstoffdosen, die bei der Impfung gegen die Neue Influenza A (H1N1) verabreicht werden müssen, geäußert. Die von der Europäischen Arzneimittelagentur (EMEA) empfohlenen Produktbeschreibungen erläutern mögliche Optionen zur Immunisierung verschiedener Alters- und Risikokategorien. Diese Optionen basieren auf den gegenwärtig zur Verfügung stehenden Daten aus serologischen Studien.

Aufgrund der zur Verfügung stehenden Daten zum H1N1-Impfstoff Pandemrix der Firma GlaxoSmithKline (GSK) haben die zuständigen Behörden der EU Mitgliedsstaaten die Möglichkeit, neben der in den Zulassungsstudien untersuchten zweimaligen Impfung auch eine einmalige Impfung zu empfehlen. Inzwischen stehen klinische Daten zur Anwendung des Impfstoffs Pandemrix in gesunden Erwachsenen und Älteren sowie bei Kindern im Alter von 6 bis 35 Monaten zur Verfügung, die eine hohe Immunogenität der einmaligen Impfung belegen. Diese Beobachtungen werden durch Ergebnisse klinischer Studien mit anderen pandemischen H1N1-Impfstoffen bestätigt. Die beobachtete hohe Immunogenität nach nur einer Impfung sowie die in aktuellen Studien beobachtete verstärkte Reaktogenität nach der zweiten Impfung bei Kindern (z.B. Fieber) legen gegenwärtig die Empfehlung nahe, dass bei allen Altersgruppen eine einmalige Dosis angemessen ist.

Vor diesem Hintergrund empfehlen das Paul-Ehrlich-Institut (PEI) und das Robert Koch-Institut (RKI) eine nach Altersgruppen differenzierte Impfdosierung für den H1N1-Pandemieimpfstoff Pandemrix der Firma GSK. Die nachfolgende Tabelle fasst die derzeitige Dosierungsempfehlung des PEI und des RKI für den Impfstoff Pandemrix zusammen.

Tab. 1: Dosierungsempfehlung des PEI und des RKI für den pandemischen Influenza-Impfstoff Pandemrix (GSK) (Stand: 02.12.2009)

Altersgruppe Impfdosis
Kinder von 6 Monaten bis 9 Jahre 1 halbe Erwachsenendosis (0,25 ml)
Personen ab 10 Jahre 1 ganze Erwachsenendosis (0,5 ml)

Ob die mit einer einmaligen Impfung erreichten Antikörpertiter lang anhaltend, ausreichend wirksam und auch gegen möglicherweise auftretende Driftvarianten schützen, kann letztlich erst durch Daten aus der Anwendungsbeobachtung beantwortet werden. Eine endgültige Entscheidung, ob eine einmalige Impfung ausreichend ist oder nicht, kann daher erst dann getroffen werden, wenn Impfdurchbrüche nach einmaliger Impfung selten bleiben. Falls solche Impfdurchbrüche vermehrt auftreten, muss eine zweite Impfung empfohlen werden. Eine zweite Dosis kann auch noch bis zu sechs Monate nach der ersten Impfung verabreicht werden.

II) Anwendung in der Schwangerschaft

Schwangere haben ein erhöhtes Risiko, bei Infektion mit dem Neuen Influenzavirus A (H1N1) einen schweren Krankheitsverlauf zu entwickeln. Daher empfiehlt die STIKO, Schwangere nach individueller Nutzen-Risiko-Abwägung gegen die Neue Influenza zu impfen. Demnach können Schwangere mit einem adjuvantierten wie auch mit einem nicht-adjuvantierten Impfstoff geimpft werden. Grundsätzlich bestehen bei keiner der beiden Impfstoffvarianten Sicherheitsbedenken. Da jedoch nur mit nicht-adjuvantierten (saisonalen) Influenzaimpfstoffen umfangreichere Erfahrungen bei Schwangeren vorliegen, sollten diese bis zum Vorliegen weiterer Daten vorzugsweise mit einem nicht-adjuvantierten Impfstoff geimpft werden.

Das PEI und das RKI weisen darauf hin, dass nach einer individuellen Nutzen-Risiko-Analyse mit Einschätzung eines erhöhten Infektionsrisikos (aufgrund eigener Vorerkrankungen oder wegen erhöhter Infektionsgefährdung durch privaten oder beruflichen Kontakt) eine Impfung mit einem adjuvantierten Impfstoff indiziert sein kann. Die Impfung von Schwangeren mit Pandemrix ist unter Berücksichtigung von offiziellen Empfehlungen von der Zulassung abgedeckt. Ein Abwarten bis zur Verfügbarkeit nicht-adjuvantierter Impfstoffe könnte in diesen Fällen ein höheres Risiko für die Schwangere darstellen.

Die Überlegungen bezüglich des bevorzugten Einsatzes nicht-adjuvantierter Impfstoffe beziehen sich ausschließlich auf Schwangere.

III) Impfung nach einer durchgemachten Neuen Influenza A (H1N1) Infektion oder während der Inkubationsphase

Wahrscheinlich hinterlässt eine Infektion mit dem Neuen Influenzavirus A (H1N1) eine zumindest vorübergehende Immunität gegen diesen Influenza-Subtyp. Für Influenzaviren ist jedoch bekannt, dass eine natürliche Infektion nicht immer eine verlässliche Immunität gegen Neuinfektion mit demselben Virustyp hinterlässt. Einzelfälle von einer zweiten Infektion mit Influenza A (H1N1) nach laborbestätigter Erstinfektion mit demselben Subtyp sind bereits nachgewiesen worden. Es liegen hierzu jedoch noch keine systematischen Langzeitbeobachtungen vor. Inwieweit die Immunität nach Infektion mit dem Neuen Influenzavirus A (H1N1) auch gegen Influenzavirus Driftvarianten schützt, ist ebenfalls noch nicht bekannt.

Studien zu adjuvantierten Impfstoffen gegen saisonale Influenza und Studien in Tiermodellen lassen erwarten, dass Influenzaimpfstoffe mit Adjuvanzien nicht nur gegen den im Impfstoff enthalten Virusstamm, sondern auch gegen Driftvarianten dieses Stammes wirken. Eine Impfung mit dem adjuvantierten Impfstoff könnte daher eine breitere, auch gegen mögliche Virus-Driftvarianten gerichtete Immunität hinterlassen als eine natürliche Infektion mit dem Wildvirus der Neuen Influenza A(H1N1). Klinische Daten zum Neuen Influenza A(H1N1)-Virus liegen jedoch weder zur Immunität nach natürlicher Infektion noch zur Kreuzimmunität gegen Driftvarianten nach durchgeführter Impfung vor.

Sollte im Einzelfall wegen einer bereits durchgemachten Neuen Influenza A (H1N1)-Infektion von einer Impfung abgesehen werden, so sollte dies allenfalls bei dokumentierter Infektion erfolgen, die mittels PCR bestätigt wurde. Eine allein klinisch gestellte Diagnose ist für diese Entscheidung nicht ausreichend. Keinesfalls sollte jedoch eine Labordiagnostik mit dem Ziel eingeleitet werden, eine Indikationsstellung für oder gegen die Impfung zu treffen.

Die Inkubationszeit der Influenza beträgt im Allgemeinen 1-2 Tage, kann aber bis 4 Tage dauern. Eine Impfung gegen Neue Influenza A(H1N1) während der Inkubationszeit ist unschädlich; allerdings ist dann nicht davon auszugehen, dass dadurch die aktuell mögliche Infektion beeinflusst werden kann. Klinische Studien deuten darauf hin, dass der Impfschutz in der Regel etwa 14 Tage nach Gabe der Impfung aufgebaut ist.

Bezüglich der Indikationsstellung für die Impfung wird darüber hinaus auf die STIKO-Empfehlung verwiesen.

IV) Impfung nach Erreichen des Scheitelpunktes der gegenwärtigen Welle der Neuen Influenza A (H1N1)

In der Vergangenheit sind Influenzapandemien oft in mehreren Wellen aufgetreten, wobei die Zahl der Wellen, der Zeitpunkt, die besonders betroffenen Bevölkerungsgruppen sowie die geografische Ausbreitung auch innerhalb einer Pandemie durchaus unterschiedlich verlaufen sind. Die Pandemie von 1957/58 mit Influenza A (H2N2) zum Beispiel trat in England und Wales überwiegend bei Kindern und Jugendlichen auf und hatte eine steile hohe erste Welle im September/Oktober 1957, die gefolgt war von einer breiteren und flacheren zweiten Welle von Dezember 1957 bis Februar 1958. Auch die Pandemie von 1918 trat mit 3 Wellen innerhalb eines Jahres auf. So kam es nach einer ersten Welle im Frühsommer 1918 in Deutschland im Oktober 1918 zur zweiten Erkrankungswelle, der eine dritte Welle – je nach Region bereits im Februar 1919 oder 1920 – folgte. In Australien ereigneten sich damals lediglich zwei Wellen, beide im Jahr 1919.

Diese historischen Beobachtungen seien nur als Beispiel genannt und bedeuten nicht, dass sich in 2009/10 in Europa ein ähnlicher Verlauf wiederholen muss. Ob und wie weitere Wellen dem aktuellen epidemiologischen Geschehen folgen werden, kann aufgrund der vielen Einflussfaktoren und der potenziellen Veränderung des Virus nicht vorausgesagt werden. Es ist aber davon auszugehen, dass nach Erreichen des Scheitelpunktes einer Welle in der Regel mindestens noch einmal so viele Fälle auftreten wie vor Erreichen dieses Scheitelpunktes. Dies bedeutet, dass aus epidemiologischer Sicht die Impfung auch nach Erreichen dieses Scheitelpunktes in der Lage ist, die Krankheitslast in der Bevölkerung zu reduzieren.

Auch aus individualmedizinischer Sicht gilt, dass bei gegebener Indikation auch eine späte Impfung empfehlenswert ist, denn es ist davon auszugehen, dass das Neue Influenzavirus A (H1N1) auch in Zukunft weiter in Europa verbreitet sein wird, so dass eine Impfung auch gegen künftige Infektionen mit dem Virus schützen kann. Insbesondere die Impfung der vorrangigen STIKO-Indikationsgruppen sollte daher so früh wie möglich und kontinuierlich empfohlen und gefördert werden, weil so das größte präventive Potenzial sowohl für die zu impfende Person als auch für die Bevölkerung erzielt werden kann.

Bezüglich der Indikationsstellung für die Impfung wird auch hier auf die STIKO-Empfehlung verwiesen.

Aktualisiert: 03.12.2009