Paul-Ehrlich-Institut

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3. Be­richt: In­for­ma­ti­on zu Ver­dachts­fall­be­rich­ten, KW 44-47

Information zu Verdachtsfallberichten von Nebenwirkungen und Impfkomplikationen nach Anwendung des in Deutschland zugelassenen Schweinegrippe (H1N1)-Impfstoffs Pandemrix

Einleitung

Diese Internetseite gibt einen Überblick über Verdachtsfallberichte von Nebenwirkungen und Impfkomplikationen nach Impfung mit dem Schweinegrippe-Impfstoff Pandemrix, die beim Paul-Ehrlich-Institut in Kalenderwoche 44 bis 47 (bis einschließlich Donnerstag 19.11.2009, 17:00 Uhr) eingegangen sind. Die Fälle wurden von Ärzten, Apothekern, Gesundheitsämtern und dem pharmazeutischen Unternehmer gemeldet. Eingeschlossen sind außerdem Meldungen aus der Bevölkerung, die nach Rücksprache mit den behandelnden Ärzten validiert wurden.

Es wird darauf hingewiesen, dass es sich bei den Meldungen um Verdachtsfälle handelt, die in zeitlichem Zusammenhang mit der Impfung aufgetreten sind. Eine aufgeführte unerwünschte Reaktion bedeutet aber nicht notwendigerweise, dass ein ursächlicher Zusammenhang mit der Impfung besteht. Ein Berichtsfall (Verdachtsfall) kann auch mehrere unerwünschte Reaktionen beinhalten, z.B. Kopfschmerzen, Müdigkeit und Übelkeit.

Das Paul-Ehrlich-Institut wertet die eingegangenen Meldungen nach Registrierung in einer Datenbank dahingehend aus, ob sich aufgrund der vorliegenden Datenlage die Nutzen-Risiko-Bewertung des Impfstoffs ändert und deswegen gegebenenfalls Maßnahmen, z.B. nach dem Arzneimittelgesetz, zu ergreifen sind. Die Informationen werden in regelmäßigen Abständen aktualisiert. Das Paul-Ehrlich-Institut möchte entsprechend seinen Leitprinzipien durch größtmögliche Transparenz allen Interessierten die Möglichkeit geben, sich aktuell über die Datenlage zu informieren.

Es wird außerdem darauf hingewiesen, dass Zahl, Art und Schweregrad der aufgeführten Fälle keinen Rückschluss auf die tatsächliche Häufigkeit und das Spektrum von Nebenwirkungen erlauben. Die Meldungen bieten aber die Möglichkeit, etwaige Risikosignale zeitnah zu erkennen und gegebenenfalls darauf zu reagieren. Eine Online-Meldung von Verdachtsfällen ist über www.pei.de möglich.

Übersicht

Im genannten Zeitraum sind dem Paul-Ehrlich-Institut bei 451 Personen Verdachtsfälle von unerwünschten Reaktionen nach Impfung mit Pandemrix gemeldet worden. Die 451 Meldungen umfassen insgesamt 1699 unerwünschte Ereignisse (1 Verdachtsfallmeldung kann mehrere Reaktionen beinhalten) bei Patienten im Alter zwischen 10 Monate und 92 Jahren (Mittelwert bei Erwachsenen 40 Jahre und bei Kindern 11 Jahre). 149 (33 %) Meldungen wurden als schwerwiegend vom Melder und/oder vom Paul-Ehrlich-Institut (PEI) bewertet. Aus der Angabe der verimpften Dosen bis zur Kalenderwoche 47 aus einem Bundesland (Sachsen-Anhalt) und der Angaben der Bundesländer Nordrhein-Westfalen, Bremen und Thüringen bis zur KW 44 bzw. 46 lässt sich abschätzen, dass zwischen 2,5 und 4,8 Millionen Dosen Pandemrix bis Ende KW 47 verimpft worden sind. Im gleichen Zeitraum müssten auf der Basis der Chargenfreigaben des PEI 8-10 Millionen Dosen Pandemrix ausgeliefert worden sein.

Am häufigsten wurden Kopfschmerz (n = 114), Fieber (n = 96), Schmerz in einer Extremität (n = 76), Schüttelfrost (n = 59), Übelkeit (n = 55), Ermüdung (n = 50), Schwindelgefühl (n = 44), Arthralgie (n = 34), Erbrechen (n = 29), Kreislaufkollaps/ Synkope (n = 28) berichtet. Lokalreaktionen an der Injektionsstelle und Allgemeinreaktionen sind in der Fach- und Gebrauchsinformation aufge-führt.

Vergleicht man die gemeldeten Reaktionen von Pandemrix nach Organklassen mit den gemeldeten Reaktionen nach allen anderen saisonalen Grippeimpfstoffen, die dem PEI seit dem Jahr 2000 gemeldet wurden, so erscheint das Spektrum der gemeldeten unerwünschten Ereignisse bezogen auf Organklassen nicht auffällig. Einzige Ausnahme stellt die prozentual häufigere Meldung von unerwünschten Ereignissen in der Organklasse "Allgemeine Erkrankungen und Beschwerden am Verabreichungsort" dar. Dies ist erwartet, da schon in klinischen Studien gezeigt wurde, dass Lokal- und Allgemeinreaktionen nach Pandemrix häufiger vorkommen als nach nicht-adjuvantiertem Grippeimpfstoff.

153 (34 %) Patienten waren vollständig wieder hergestellt und bei 5 (1,1 %) Patienten hatte sich der Gesundheitszustand zum Zeitpunkt der Meldung bereits gebessert. 130 (28,2 %) Patienten waren zum Zeitpunkt der Meldung noch nicht wieder hergestellt. Bei 153 (33,9 %) Patienten wurde der Ausgang der unerwünschten Ereignisse als unbekannt gemeldet. In keinem Fall wurde über einen bleibenden Schaden berichtet. Da in vielen Fällen noch weitere Informationen angefordert sind, geht das PEI davon aus, dass der Anteil der Meldungen mit unbekanntem Ausgang der unerwünschten Ereignisse noch zurückgehen wird.

Reaktionen

Todesfälle im zeitlichen Zusammenhang nach H1N1-Impfung

Dem PEI sind insgesamt bis zum 19.11.2009 insgesamt 10 Todesfälle bei Patienten im Alter von 21 Monate bis 92 Jahre im zeitlichen Zusammenhang mit Pandemrix gemeldet worden. Zwei Todesfälle wurden bereits im Bericht vom 16.11.2009 ausführlich beschrieben.

Meldungen über Todesfälle im zeitlichen Zusammenhang mit Pandemrix, in denen eine andere Todesursache festgestellt wurde (n=5)

  • In einem Fall, der bereits am 16.11.2009 vom PEI beschrieben wurde, erhielt das PEI zwischenzeitlich weitere Informationen. Nach dem vorläufigen Obduktionsbericht starb die 92-jährige Frau vermutlich an den Folgen einer bakteriellen Lungenentzündung.
  • Die Obduktion einer schwer kranken 74-jährigen Frau (fortgeschrittene chronisch ischämische Herzerkrankung bei bestehendem Diabetes mellitus und Tumorerkrankung), die zwei Tage nach Pandemrix Impfung verstarb, ergab den vorläufigen Befund eines plötzlichen Herztodes mit Lungenödem, der im Zusammenhang mit der Grunderkrankung zu sehen ist.
  • Ein 55-jähriger Mann verstarb am Tag der H1N1-Impfung. Die Obduktion ergab einen stummen Herzinfarkt bei Koronarsklerose, der bereits kurz vor der Impfung aufgetreten sein muss.
  • Bei einer 77-jährigen Frau mit arteriosklerotischen Vorerkrankungen kam es zwei Tage nach Impfung zu einer Verschlechterung des Allgemeinzustandes. Sie verstarb vier Tage nach der Impfung. Die Obduktion ergab ein Herzversagen im Rahmen der Grunderkrankung.
  • Ein 69-jähriger Mann mit schweren vielfältigen Vorerkrankungen (arteriosklerotische Vorerkrankungen und Diabetes mellitus) verstarb am Tag der Impfung. Laut den Obduktionsbefunden starb der Mann vermutlich an einer diabetischen Stoffwechselentgleisung.

Ungeklärte Todesfälle in zeitlichen Zusammenhang mit Pandemrix (n=1)

Ein 46-jähriger Mann verstarb einen Tag nach H1N1-Impfung. Es bestanden chronische Vorerkrankungen wie ein obstruktives Schlafapnoe-Syndrom und eine chronische Lungenerkrankung. Hier bleibt die Todesursache trotz Obduktion ungeklärt.

Meldungen mit unzureichender Information (n=2)

In zwei Fällen wurde keine Obduktion durchgeführt, offenbar, weil der Tod der Patienten im Rahmen der Grunderkrankung gesehen wurde.

  • Ein 55-jähriger Mann der an einer schwersten chronischen obstruktiven Lungenerkrankung mit Sauerstofftherapie bei fortbestehendem Zigarettenkonsum litt, verstarb am Tag der Impfung.
  • Eine 65-jährige Frau mit einer schweren chronischen Herzkranzgefäßerkrankung verstarb am Tag der Impfung an einem akuten Herzinfarkt.

Meldungen, bei denen noch weitere Informationen erwartet werden (n=2)

  • Ein 75-jähriger Mann verstarb am Tag der H1N1-Impfung. Eine dilatative Cardiomyopathie war bekannt.
  • Den Fall eines 21 Monate alten schwer herzkranken Kindes hat das PEI bereits im Bericht vom 16.11.2009 beschrieben. Einzelne Untersuchungsergebnisse stehen derzeit noch aus.

Nach Angaben des Statistischen Bundesamtes für das Jahr 2007 versterben in den Wintermonaten in Deutschland circa 70.000 Menschen monatlich. Daher ist rein zufällig mit Todesfällen im engen zeitlichen Zusammenhang mit der H1N1-Impfung zu rechnen. Beispielsweise könnten ca. 5 (9) Todesfälle aufgrund eines akuten Myokardinfarktes und 1 (2) plötzliche(r) unerwartete(r) Todesfall(e) innerhalb von 24 Stunden nach der Impfung bei 2,5 (4,8) Millionen geimpften Personen (Berechnung der verimpften Dosen siehe oben) erwartet werden.

Anaphylaktische/anaphylaktoide Reaktionen

32 Fälle eines Verdachts einer anaphylaktischen Reaktion unterschiedlichen Schweregrades sind dem PEI gemeldet worden. Dabei handelt es sich um 6 männliche und 23 weibliche Impflinge im Alter zwischen 6 bis 79 Jahren (Durchschnittsalter 39,4 Jahre; Median 37 Jahre). In 3 Fällen liegen keine Angaben zum Geschlecht vor. In 2 Fällen wurde nur die Alterskategorie angegeben (zwischen 3 und 12 Jahre bzw. zwischen 18 und 65 Jahre).

Auf der Basis der berichteten Reaktionen lassen sich die Meldungen entsprechend dem Klassifizierungsschema nach Ring und Messmer wie folgt einteilen:

  • Typ I:11 Patienten (m = 2; f = 9);
  • Typ II:12 Patienten (m = 4; f = 8);
  • Typ III:7 Patienten (f = 4; in 3 Fällen keine Angabe zum Geschlecht);

In 2 Fällen kann aufgrund lückenhafter Information keine Klassifizierung vorgenommen werden. Es liegt kein Bericht einer Typ 4 Reaktionen mit Herz- Kreislaufstillstand oder einer anaphylaktischen Reaktionen mit letalem Ausgang vor.

Eine Korrelation der Meldungen zu einer bestimmten Charge konnte nicht festgestellt werden, allerdings war nur in 20/32 Meldungen eine Chargennummer mitgeteilt worden.

Neurologische Reaktionen

Insgesamt wurden 33 Fälle mit verschiedenen neurologischen Reaktionen berichtet (einschließlich der 7 Meldungen, die bereits im Bericht vom 9.11.2009 bzw. 16.11.2009 dargestellt worden sind).

Meldung über den Verdacht eines Guillain-Barré-Syndrom (GBS)

  • Ein 48 Jahre alter Mann entwickelte zwei Tage nach der Impfung erste neurologische Symptome, die zunächst als Symptome eines GBS gewertet wurden. Die telefonische Rückfrage durch das PEI ergab, dass die Diagnose aufgrund der MRT Befunde fraglich ist.
  • Ein 53 Jahre alter Mann entwickelte ein bis zwei Tage nach der Impfung neurologische Symptome. Der Fall wurde zunächst mit der Diagnose GBS gemeldet. Es erfolgte eine vorübergehende stationäre Abklärung aufgrund symmetrischer Sensibilitätsstörungen der Finger und Beine. Die Nachfrage durch das PEI bei der behandelnden Klinik ergab jedoch, dass sich weder klinisch-neurologisch noch elektrophysiologisch oder in der Liquoruntersuchung ein Hinweis auf ein Guillain-Barré-Syndrom fand. Die vorläufige Entlassungsdiagnose lautete sensomotorische, axonal betonte Polyneuropathie unklarer Ätiologie.

Das Guillain-Barré-Syndrom (GBS) ist eine akute Entzündung des peripheren Nervensystems und der Nervenwurzeln (Polyradikuloneuritis) mit der Folge einer aufsteigenden Lähmung und kommt in einer Häufigkeit von ca. 1-2 Fällen/ 100 000 Personen pro Jahr vor. Charakteristische Symptome sind nach anfänglichen Taubheitsgefühlen und Muskelschmerzen aufsteigende, überwiegend symmetrische motorische Ausfälle sowie das Nachlassen der Sehnenreflexe. Problematisch sind Lähmungen von Atem- und Schluckmuskulatur. Bei der Mehrzahl der Patienten kommt es zur Restitution mit normaler motorischer Funktionsfähigkeit (ca. 85 %), ausgeprägte bleibende Schädigungen sind die Ausnahme.

Die genaue Ursache des Guillain-Barré-Syndroms ist unbekannt. Die Erkrankung wird höchstwahrscheinlich durch einen immunpathologischen Mechanismus hervorgerufen. Bei zwei Drittel der Patienten mit GBS lässt sich eine vorausgegangene virale oder bakterielle Infektion nachweisen. Üblicherweise handelt es sich um Infektionen des Gastrointestinal- oder Respirationstraktes. Häufig nachgewiesene Erreger sind Campylobacter jejuni, Epstein-Barr-Virus, Zytomegalievirus oder das Varizella-Zoster-Virus.

Das Auftreten eines GBS im (zufälligen) zeitlichen Zusammenhang zu einer Impfung kann nicht ohne Ausschluss anderer Ursachen der Impfung angelastet werden. Laut einer aktuellen Veröffentlichung [1] ist damit zu rechnen, dass rein zufällig ein Fall eines GBS innerhalb von 7 Tagen nach Impfung unter 2,5 Millionen Geimpften auftritt. Derzeit ist dem PEI kein Fall eines bestätigten GBS nach Impfung berichtet worden.

Meldung als Neuritis

Es wurden 8 Fälle einer Neuritis berichtet. Es handelte sich um 6 Frauen und 2 Männer im Alter zwischen 18 und 65 Jahren (in 1 Fall wurde das Alter nicht angegeben):

  • Bei drei Fällen wurde eine Neuritis des Nervus ulnaris (die Impfung war jeweils in den linken Arm erfolgt) gemeldet. In zwei dieser Fälle trat die Neuritis des N. ulnaris links jeweils 1 Tag nach der Impfung auf, in einem Fall rechts etwa 1,5 Tage nach der Impfung.
  • In einem der Fälle begann die Neuritis 1 Woche nach der Impfung, die Diagnostik war zum Zeitpunkt der Meldung noch nicht abgeschlossen.
  • In einem Fall wurde eine Plexusneuritis des linken Arms berichtet (die Impfung war in den linken Arm erfolgt), die am Impftag aufgetreten sei und 5 Tage angehalten habe.
  • In einem Fall begann die Neuritis 1 Tag nach der Impfung.
  • In einem Fall wurde der V.a. eine serogenetische Polyradikuloneuritis gemeldet, die 1 Tag nach der Impfung aufgetreten sei.
  • In einem Fall wurde durch Angehörige berichtet, dass weniger als ein Tag nach der Impfung eine "Neuritis" mit Kribbelgefühl im Bereich des Impfarms und komplettem Sensibilitätsverlust der Hand aufgetreten sei. Die zu diesem Fall bisher vorliegenden Informationen sind widersprüchlich.

Bei den 8 Fällen einer Neuritis liegen derzeit keine weiteren Informationen vor, so dass von Seiten des PEI nicht beurteilt werden kann, ob die diagnostischen Kriterien für eine Neuritis erfüllt sind. Der Zeitabstand zwischen Impfung und Auftreten der Neuritis erscheint in 7 der 8 Fälle sehr kurz. Der ursächliche Zusammenhang ist als fraglich zu beurteilen, da ein immunpathologisches Geschehen wenige Stunden bzw. einen Tag nach einer Impfung nicht plausibel ist. Literaturangaben bezüglich des Zeitabstands zwischen Impfungen und Symptombeginn einer Armplexusneuritis variieren z.B. zwischen 3 Tagen und 21 Tagen [2, 3, 5, 6, 7], in je einem Einzelfallbericht lag der Abstand bei 1 Monat [4] bzw. bei 47 Tagen [8]).

Meldung mit Paresen (Lähmung)

Es wurden 6 Fälle im Alter von 9 bis 70 Jahren mit unterschiedlichen Krankheitsbildern gemeldet, die mit Paresen einhergingen.

  • Bei einem 9jährigen Jungen kam es zu einem unklaren Zeitpunkt nach der Impfung zu einer vorübergehenden Halbseitenlähmung. Möglicherweise trat die Symptomatik im Rahmen eines Migräneanfalls auf.
  • Bei einem 70jährigen Mann trat 4 Tage nach der Impfung ein Apoplex u.a. mit Hemiparese auf.
  • In einem Fall kam es am Tag der Impfung zu einer rechtsseitigen Armlähmung (die Seite der Impfung wurde nicht angegeben).
  • In einem anderen Fall trat 3 Tage nach der Impfung eine linksseitige Radialisparese mit Fallhand auf (die Impfung war in den linken Arm erfolgt).
  • In einem Fall wurde eine Lähmung beider Beine 30 Stunden nach Impfung berichtet.
  • In einem Fall trat eine Gesichtsparese 1 Tag nach der Impfung auf.

Zusammenfassend handelt es sich um isolierte Berichte verschiedenster Erkrankungen, die insgesamt unabhängig von Impfungen vergleichsweise häufig vorkommen (z.B. Häufigkeit des Apoplex ca. 175-260 Fälle pro 100 000 Personen pro Jahr, Häufigkeit der idiopathischen Fazialisparese ca. 7-32 Fälle pro 100 000 Personen pro Jahr). Ein Signal ergibt sich aus den Meldungen derzeit nicht.

Meldung als Hypästhesie und/oder Hypalgesie und/oder Parästhesie

Es wurden 6 Fälle von Sensibilitätsstörungen bei 5 Frauen und 1 Mann im Alter von 22 bis 49 Jahren berichtet. In einem Fall wurde der Zeitabstand zwischen Impfung und Beginn der Sensibilitäts-störung nicht angegeben, in zwei Fällen begann die Symptomatik am Tag der Impfung, in zwei Fällen 2 Tage nach der Impfung und in einem Fall 5 Tage nach der Impfung.

  • In zwei Fällen wurden Kribbelparästhesien in den Extremitäten angegeben. In einem dieser Fälle war die Symptomatik zum Zeitpunkt der Meldung komplett rückläufig.
  • In zwei Fällen wurde eine Hypästhesie (zusammen mit Hypalgesie bzw. Kribbelparästhesien) im Bereich der Finger des Impfarms bzw. im Bereich von Unterarm und Hand des Impfarms angegeben. In einem dieser Fälle war die Symptomatik zum Zeitpunkt der Meldung rückläufig.
  • In einem Fall wurde ein Taubheitsgefühl beider Großzehen angegeben.
  • In einem anderen Fall traten zunächst Parästhesien an beiden Armen und Händen auf und zwei Tage später eine Hypästhesie des linken Arms (die Impfung war in den linken Arm erfolgt).

Insgesamt handelt sich um Symptombeschreibungen, die derzeit keiner einheitlichen Erkrankung zugeordnet werden können.

Parästhesien sind bekannte Nebenwirkungen von Pandemrix, die gelegentlich vorkommen können.

Meldung als Krampfanfall

Es wurden 3 Fälle eines Krampfanfalls berichtet.

  • Ein 42jähriger Mann erlitt am Abend des Impftages erstmals einen Krampfanfall; bei dem Patienten besteht eine dialysepflichtige Niereninsuffizienz und eine umfangreiche Begleitmedikation. Ob es sich um einen zeitlich zufälligen oder ursächlichen Zusammenhang handelt, lässt sich nicht beurteilen.
  • Ein 12jähriger Junge bekam 3 Stunden nach der Impfung Fieber und vermutlich dadurch verursacht einen länger anhaltenden Krampfanfall bei bekannter, schwer therapierbarer Epilepsie.
  • Bei einer 40jährigen Frau mit bekannter Epilepsie trat kurz nach der Impfung ein epileptischer Anfall auf. Es handelt sich um eine Patientenmeldung. Ob es sich um einen zeitlich zufälligen oder ursächlichen Zusammenhang handelt, lässt sich nicht beurteilen.

Verschiedenste andere neurologische Symptome ohne Zuordnung zu einem Krankheitsbild

  • In einem Fall traten Doppelbilder, Kopfschmerzen und Schwindel zwei Tage nach der Impfung auf, die vermutlich im Zusammenhang mit der bestehenden Hypertonie zu sehen sind.
  • In einem anderen Fall wurde über ein unklares Krankheitsbild mit Unwohlsein, Schüttelfrost, Gliederschmerzen, Kribbeln im rechten Arm, Gefühlsstörung im rechten Fuß, Taubheit der Zunge und Schwellung des Halses berichtet, das am Tag der Impfung auftrat.
  • In einem Fall traten 7 Tage nach der Impfung temporale Kopfschmerzen, Wortfindungsstörungen, Desorientiertheit, Gesichtsfeldausfälle, Übelkeit und ein unsystematischer Schwindel auf. Die Beschwerden endeten nach etwa 3 Stunden spontan. Die gleichen Beschwerden waren bei dem Patienten bereits schon einmal bei anderer Gelegenheit berichtet worden, was gegen einen ursächlichen Zusammenhang mit der Impfung spricht.
  • Außerdem wurden im zeitlichen Zusammenhang mit der Impfung berichtet (jeweils 1 Fall): Dysakusis/ Hörsturz, sympathische Reflexdystrophie, vorübergehende Wortfindungsstörung, Halluzinationen sowie ein Fall, der als "unklare neurologische Symptomatik" berichtet wurde.

Insgesamt wurde dem PEI ein breites Spektrum neurologischer Symptome/Erkrankungen ohne einheitliches Muster gemeldet, die als isolierte Fälle nicht auf ein Signal hinweisen.

Kardiovaskuläre Reaktionen

Insgesamt wurden sieben kardiovaskuläre Reaktionen als schwerwiegend bewertet. Zusätzlich zu den drei bereits im Bericht vom 16.11.2009 dargestellten Fällen, wurde berichtet über

  • einen Myokardinfarkt (NSTEMI) bei einem 55-jährigen Mann am Tag nach der Impfung sowie
  • drei Meldungen über Herzrhythmusstörungen, die in 2 der 3 Fälle bei chronischen Erkrankungen auftraten, bei denen Herzrhythmusstörungen auch im Rahmen der Grunderkrankung auftreten können.

(Auto)immunreaktionen bzw. Auslösung eines Schubs einer Autoimmunreaktion

Bisher sind 5 Fälle eines akuten Schubs einer (Auto)immunreaktion in zeitlichem Zusammenhang mit der Impfung gemeldet worden. Drei Fälle wurden bereits in den Berichten vom 9.11.2009 und 16.11.2009 beschrieben. Zusätzlich wurde der Fall eines Schubs einer Colitis ulcerosa 2 Tage nach der Impfung bei einem 14-jährigen Mädchen sowie das Rezidiv einer idiopathischen Thrombozytopenie 1 Tag nach der Impfung bei einer 47-jährigen Frau berichtet. Anhand der isolierten Einzelfälle kann nicht beurteilt werden, ob es sich um einen zeitlich zufälligen oder ursächlichen Zusammenhang handelt.

Meldungen von Verdachtsfällen von Nebenwirkungen bei Kindern und Jugendlichen

51 Meldungen bezogen sich auf Kinder und Jugendliche im Alter von 10 Monaten bis 17 Jahren (Mittelwert 11 Jahre). 18 Fälle wurden als schwerwiegend beurteilt. Die gemeldeten Symptome zählen zu den bekannten, in der Fachinformation aufgeführten Nebenwirkungen oder sind so divers (jeweils einmal Hypoglykämie bei bekanntem Diabetes mellitus, vorübergehende Halbseitenlähmung möglicherweise im Rahmen eines Migräneanfalls, Schub einer Colitis ulcerosa etc, siehe oben), dass sich kein Signal detektieren lässt. Vier Fälle von Kreislaufkollaps bei Jugendlichen wurden gemeldet. Kollapszustände und Synkopen sind auch nach anderen Impfungen berichtet worden. Vier Fälle von anaphylaktischen Reaktionen bei Kindern wurden gemeldet.

Bewertung

Aufgrund der derzeit vorliegenden Daten ergibt sich kein Hinweis auf eine geänderte Nutzen-Risiko-Abwägung für Pandemrix. Im Vergleich zum Bericht des PEI vom 16.11.2009 haben sich keine neuen Risikosignale ergeben. Das PEI wird weiterhin engmaschig alle gemeldeten unerwünschten Ereignisse recherchieren und wissenschaftlich bewerten.

Weiterführende Literatur

[1] Black S, Eskola J, Siegrist CA et al. Importance of background rates of disease in assessment of vaccine safety during mass immunisation with pandemic H1N1 influenza vaccines. The Lancet. Published online 31.10.2009

[2] van Alfen N, van Engelen BGM. The clinical spectrum of neuralgic amyotrophy in 246 cases. Brain 2006; 129:438-450

[3] Tsairis P, Dyck PJ, Mulder DW. Natural history of brachial plexus neuropathy. Arch Neurol 1972; 27:109-117

[4] Debeer P, De Munter P, Bruyninckx F, Devlieger R. Brachial plexus neuritis following HPV vaccination. Vaccine 2008; 26:4417-4419

[5] Kiwit JC. Neuralgic amyotrophy after administration of tetanus toxoid. J Neurol Neurosurg Psychiatry 1984; 47(3):320

[6] Reutens DC, Dunne JW, Leather H. Neuralgic amyotrophy following recombinant DNA Hepatitis B vaccination. Muscle and Nerve 1990; 13(5):461

[7] Shaw FE, Graham DJ, Guess HA et al. Postmarketing surveillance for neurologic adverse events reported after Hepatitis B vaccination. American Journal of Epidemiology 1988; 127:337-352

[8]Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft. Armplexusneuritis im Zusammenhang mit Gardasil. Deutsches Ärzteblatt 2008; 44:2346

Aktualisiert: 25.11.2009