Paul-Ehrlich-Institut

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5. Be­richt: In­for­ma­ti­on zu Ver­dachts­fall­be­rich­ten, KW 44-49

Information zu Verdachtsfallberichten auf Nebenwirkungen und Impfkomplikationen nach Anwendung von Impfstoffen gegen die Neue A(H1N1) Influenza (Schweinegrippe) in Deutschland

Einleitung

Diese Internetseite gibt einen Überblick über Verdachtsfallberichte von Nebenwirkungen und Impfkomplikationen nach Impfung mit dem Schweinegrippe-Impfstoff Pandemrix und Celvapan, die beim Paul-Ehrlich-Institut in Kalenderwoche 44 bis 49 (bis einschließlich Donnerstag 03.12.2009, 17:00 Uhr) eingegangen sind. Die Fälle wurden von Ärzten, Apothekern, Gesundheitsämtern und dem pharmazeutischen Unternehmer gemeldet. Eingeschlossen sind außerdem Meldungen aus der Bevölkerung, die nach Rücksprache mit den behandelnden Ärzten validiert wurden.

Es wird darauf hingewiesen, dass es sich bei den Meldungen um Verdachtsfälle handelt, die in zeitlichem Zusammenhang mit der Impfung aufgetreten sind. Eine aufgeführte unerwünschte Reaktion bedeutet aber nicht notwendigerweise, dass ein ursächlicher Zusammenhang mit der Impfung besteht. Ein Berichtsfall (Verdachtsfall) kann auch mehrere unerwünschte Reaktionen beinhalten, z.B. Kopfschmerzen, Müdigkeit und Übelkeit.

Das Paul-Ehrlich-Institut wertet die eingegangenen Meldungen nach Registrierung in einer Datenbank dahingehend aus, ob sich aufgrund der vorliegenden Datenlage die Nutzen-Risiko-Bewertung des Impfstoffs ändert und deswegen gegebenenfalls Maßnahmen, z.B. nach dem Arzneimittelgesetz, zu ergreifen sind. Die Informationen werden in regelmäßigen Abständen aktualisiert. Das Paul-Ehrlich-Institut möchte entsprechend seinen Leitprinzipien durch größtmögliche Transparenz allen Interessierten die Möglichkeit geben, sich aktuell über die Datenlage zu informieren.

Es wird außerdem darauf hingewiesen, dass Zahl, Art und Schweregrad der aufgeführten Fälle keinen Rückschluss auf die tatsächliche Häufigkeit und das Spektrum von Nebenwirkungen erlauben. Die Meldungen bieten aber die Möglichkeit, etwaige Risikosignale zeitnah zu erkennen und gegebenenfalls darauf zu reagieren. Eine Online-Meldung von Verdachtsfällen ist über www.pei.de möglich.

Übersicht

Im genannten Zeitraum sind dem Paul-Ehrlich-Institut bei 939 Personen Verdachtsfälle von unerwünschten Reaktionen nach Impfung mit Pandemrix und eine Verdachtsmeldung nach Impfung mit Celvapan gemeldet worden. Die 940 Meldungen umfassen insgesamt 3091 unerwünschte Ereignisse (1 Verdachtsfallmeldung kann mehrere Reaktionen beinhalten) bei Patienten im Alter zwischen 6 Monate und 92 Jahren (Mittelwert bei Erwachsenen 36,4 Jahre und bei Kindern 9,9 Jahre). 343 (36,4 %) Meldungen wurden als schwerwiegend vom Melder und/oder vom Paul-Ehrlich-Institut (PEI) bewertet. Aus der Angabe der verimpften Dosen bis zur Kalenderwoche 49 aus den Bundesländern Sachsen-Anhalt, Nordrhein-Westfalen, Bremen und Thüringen lässt sich abschätzen, dass zwischen 4,6 und 6,7 Millionen Dosen Pandemrix bis Ende KW 49 verimpft worden sind.

Am häufigsten wurden Kopfschmerz (n = 219), Fieber (n = 218), Lokalreaktion (n= 155) Schmerz in einer Extremität bzw. an der Impfstelle (n = 136), Schüttelfrost (n = 105), Übelkeit (n = 99), Ermüdung (n = 88), Schwindelgefühl (n = 79), Kreislaufkollaps und Synkope (n = 76) Arthralgie (n = 58), Erbrechen (n = 47), berichtet. Lokalreaktionen an der Injektionsstelle und Allgemeinreaktionen sind in der Fach- und Gebrauchsinformation aufgeführt.

Vergleicht man die gemeldeten Reaktionen von Pandemrix nach Organklassen mit den gemeldeten Reaktionen nach allen anderen saisonalen Grippeimpfstoffen, die dem PEI seit dem Jahr 2000 gemeldet wurden, so erscheint das Spektrum der gemeldeten unerwünschten Ereignisse bezogen auf Organklassen nicht auffällig. Einzige Ausnahme stellt die prozentual häufigere Meldung von unerwünschten Ereignissen in der Organklasse "Allgemeine Erkrankungen und Beschwerden am Verabreichungsort" dar. Dies ist erwartet, da schon in klinischen Studien gezeigt wurde, dass Lokal- und Allgemeinreaktionen nach Pandemrix häufiger vorkommen als nach nicht-adjuvantiertem Grippeimpfstoff.

359 (37,9 %) Patienten waren vollständig wieder hergestellt und bei 13 (1,4 %) Patienten hatte sich der Gesundheitszustand zum Zeitpunkt der Meldung bereits gebessert. 248 (26,4 %) Patienten waren zum Zeitpunkt der Meldung noch nicht wieder hergestellt. Bei 295 (31,4 %) Patienten wurde der Ausgang der unerwünschten Ereignisse als unbekannt gemeldet. In keinem Fall wurde über einen bleibenden Schaden berichtet. Da in vielen Fällen noch weitere Informationen angefordert sind, geht das PEI davon aus, dass der Anteil der Meldungen mit unbekanntem Ausgang der unerwünschten Ereignisse noch zurückgehen wird.

Reaktionen

Todesfälle im zeitlichen Zusammenhang nach H1N1-Impfung

Dem PEI sind kumulativ vom 26.10.2009 bis zum 3.12.2009 insgesamt 25 Todesfälle bei Patienten im Alter von 21 Monate bis 92 Jahre im zeitlichen Zusammenhang mit Pandemrix gemeldet worden.

Meldungen über Todesfälle im zeitlichen Zusammenhang mit Pandemrix, in denen eine andere Todesursache festgestellt wurde (insgesamt n=12)

Neun Meldungen wurden bereits in den Berichten vom 16.11.2009, 25.11.2009 und 2.12.2009 beschrieben. Drei weitere Todesfälle, in denen eine andere Ursache festgestellt wurde waren:

  • Ein 45-jähriger Mann wurde dreizehn Tage nach der Pandemrix Impfung in seiner Wohnung tot aufgefunden. Anhand der Ermittlungen wurde vermutet, dass er drei Tage zuvor verstorben war. Die Obduktion ergab einen Herzinfarkt. Bei dem Mann waren multiple Risikofaktoren für einen Herzinfarkt bekannt.
  • Ein 60-jähriger Mann verstarb zwei Tage nach der Pandemrix Impfung. Es hatten keine relevanten Vorerkrankungen bestanden. Am Tag nach der Impfung habe der Mann über Übelkeit und Schwindel geklagt. Am Folgetag wurde der Patient am Abend tot aufgefunden. In der Obduktion wurde eine Herzbeuteltamponade im Rahmen einer Aortenaneurysmaruptur festgestellt.
  • Eine 78-jährige Frau mit einer leichten koronaren Herzerkrankung und Zustand nach einem Aortenklappenersatz vor einigen Jahren verstarb einen Tag nach der Pandemrix Impfung. Die Obduktion ergab eine Pneumonie.

Ungeklärte Todesfälle in zeitlichen Zusammenhang mit Pandemrix (n=1)

Insgesamt wurde dem PEI bis zum 26.11.2009 ein ungeklärter Todesfall berichtet. Der Fall wurde bereits im Bericht vom 25.11.2009 beschrieben.

Meldungen mit unzureichender Information (insgesamt n=7)

Seit dem Bericht vom 01.12.2009 wurden vier weitere Todesfälle berichtet, in denen unzureichen-de Information vorliegen, bei denen keine weiteren Daten erwartet werden.

  • Ein 46-jähriger Mann mit multiplen Vorerkrankungen wie einer Multiplen Sklerose, ein Diabetes mellitus, eine arterielle Hypertonie und einer Anämie verstarb vier Tage nach der Impfung. Eine Obduktion wurde nicht durchgeführt, offenbar, weil der Tod im Zusammen-hang mit der Grunderkrankung gesehen wurde.
  • Ein 78-jähriger Mann mit multiplen Vorerkrankungen (unter anderem koronare Herzerkrankung mit bereits Zustand nach Herzinfarkt, Stenose der Karotiden, arterielle Hypertonie, Diabetes mellitus, Ulcus cruris) verstarb neun Tage nach der Pandemrix Impfung. Es ist unklar, ob eine Obduktion durchgeführt wurde.
  • In einem weiteren Fall verstarb ein 50-jähriger Mann vier Tage nach Impfung im Ausland. Die Impfung mit Pandemrix war im Heimatort in Deutschland erfolgt.
  • Ein Todesfall nach Pandemrix Impfung wurde uns über Dritte gemeldet, die lediglich von dem Fall gehört haben. Es liegen derzeit keine Angaben zum Alter, Impfdatum, Todesdatum, Vorerkrankungen etc vor. Die Meldung erfüllt nicht die Minimalkriterien einer Nebenwirkungsmeldung.

Meldungen, bei denen noch weitere Informationen erwartet werden (n=5)

  • Eine 49-jährige Frau ohne bekannte Vorerkrankungen verstarb fünfzehn Tage nach der Impfung.
  • Ein 21-jähriger Mann mit frühkindlichem Hirnschaden und eine bekannten schwer einzustellenden Epilepsie erlitt am Tag nach der Impfung einen epileptischen Anfall, der mit Diazepam behandelt wurde. Einige Stunden später wurde er von seinen Angehörigen tot aufgefunden.
  • Ein 58-jähriger Mann mit schweren Vorerkrankungen (schwere Lungenfibrose und bereits überlebten Herzstillstand Anfang des Jahres) verstarb vier Tage nach der Impfung.
  • Ein 77-jähriger Mann mit vielfältigen Vorerkrankungen (arteriosklerotische Vorerkrankungen, Diabetes mellitus und eine Tumorerkrankung) verstarb vier Tage nach der Impfung.
  • Den Fall eines 21 Monate alten schwer herzkranken Kindes hat das PEI bereits im Bericht vom 16.11.2009 beschrieben. Untersuchungsergebnisse (histopathologische Befunde) stehen weiterhin aus.

Im Vergleich zum Bericht vom 02.12.2009 ergibt sich keine geänderte Risikobewertung.

Bei der Bewertung der Fallberichte ist zu berücksichtigen, dass gemäß den Empfehlungen der Ständigen Impfkommission bevorzugt Patienten mit chronischen Erkrankungen geimpft werden sollten. Unerwünschte Ereignisse mit tödlichem Ausgang, die zeitlich zufällig, aber nicht ursächlich mit der Impfung zusammenhängen, sind daher nicht unerwartet.

Das PEI recherchiert Informationen zu Todesfällen nach pandemischen Impfstoffen ganz besonders gründlich. Bei mehren Fällen wurde eine Autopsie von den zuständigen Stellen veranlasst. Es wird darauf hingewiesen, dass die Ergebnisse spezieller feingeweblicher Untersuchungen länger dauern können, so dass das PEI für diese Fälle über eine gewissen Zeitraum keine abschließenden Ergebnisse berichten kann.

Meldungen über allergische Reaktionen und anaphylatische/ anaphylaktoide Reaktionen

Insgesamt sind dem PEI bisher 97 Fälle eines Verdachts einer anaphylaktischen/ anaphylaktoiden Reaktion bzw. Fälle mit Reaktionen aus dem allergischen Symptomenkomplex von unterschiedlicher Ausprägung und verschiedenen Schweregrades gemeldet worden. Dabei handelt es sich um 27 männliche und 60 weibliche Impflinge im Alter zwischen 3 Jahren und 81 Jahren (Durchschnittsalter 34,3 Jahre; Median 33 Jahre). In drei Fällen liegen keine Angaben zum Geschlecht vor. In drei Fällen liegen keine Angaben zum Alter vor. In zwei Fällen wurde nur die Alterskategorie angegeben (zwischen drei und 12 Jahre bzw. zwischen 18 und 65 Jahre). In keinem Fall wurde eine Hühnereiweißallergie mitgeteilt.

Auf der Basis der berichteten Reaktionen sind 90 Fälle vom Soforttyp. Diese Meldungen lassen sich entsprechend dem Klassifizierungsschema nach Ring und Messmer wie folgt einteilen:

  • Typ I (ausschließlich Hautreaktionen): n = 45 (männlich = 13; weiblich = 33)
  • Typ II (Gering- bis mäßiggradige über Hautsymptome hinausgehende systemische Reaktionen, vor allem respiratorische oder kardiovaskuläre oder gastrointestinale Symptome)
    n = 26 (männlich = 10; weiblich = 15 in einem Fall wurde keine Geschlechtsangabe berichtet).
  • Typ III (Schock) n = 19 (männlich = 3; weiblich = 14 in zwei Fällen wurde keine Angabe zum Geschlecht berichtet).

In 7 Fällen wurde eine Überempfindlichkeitsreaktion vom verzögertem Typ berichtet. Diese Reaktionen wurden zwischen zwei und fünf Tagen nach der Impfung berichtet und hatten eine milde Ausprägung.

Es liegen keine Berichte von Typ 4 Reaktionen oder anaphylaktischen Reaktionen mit letalem Ausgang vor.

Eine Korrelation der Meldungen zu einer bestimmten Charge konnte nicht festgestellt werden, allerdings war nicht in allen Fällen eine Chargennummer mitgeteilt worden.

Seit dem letzten Bericht vom 2.12.2009 sind dem Paul-Ehrlich-Institut zusätzliche Informationen berichtet worden, wodurch sich in einigen Fällen die Klassifizierung geändert hat. Zudem konnte bei einigen Verdachtsfällen eine allergische Reaktion mit hoher Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen werden.

Die Datenqualität war ist in der überwiegenden Mehrheit der Berichte unzureichend, um eine weiter gehende Bewertung vornehmen zu können. So fehlen häufig Angaben zur Person und zur Reaktion, zu Risikofaktoren, Grunderkrankung, Komedikation etc. Das PEI und die Arzneimittelkommission der Deutschen Ärzteschaft haben daher einen speziellen Fragebogen entwickelt, der meldenden Ärzten/Apothekern zugesandt wird.

Bei einer relevanten Anzahl von Soforttypreaktionen lässt sich nicht sicher differenzieren, ob es sich um echte IgE-vermittelte allergische oder um nicht-allergische Überempfindlichkeitsreaktionen oder um Angst-/ vegetative Reaktionen auf die Impfung handelt.

Eine gerade publizierte Untersuchung an der Universitätsklinik in Würzburg (Seitz et al. Vaccination-associated anaphylaxis in adults: Diagnostic testing ruling out IgE-mediated vaccine allergy, Vaccine 27 (2009) 3885-3889) zeigt, dass in allen 38 Patienten mit der Diagnose einer Impfassoziierten Anaphylaxie, die dort genauer diagnostisch untersucht wurden, eine IgE-vermittelte allergische Anaphylaxie auf einen Impfstoffbestandteil als Ursache ausgeschlossen werden konnte. Alle 38 tolerierten einen kontrolliertes Wiederimpfungsprotokoll mit langsam ansteigenden Mengen bis zur vollen Dosis des jeweiligen Impfstoffs ohne eine Reaktion.

Es ist daher wichtig zu betonen, dass die Vorgeschichte einer anaphylaktische Reaktion auf eine Impfung keine absolute Kontraindikation für eine Wiederimpfung darstellen muss, wenn eine IgE-vermittelte allergische Reaktion auf einen Impfstoffbestandteil diagnostisch ausgeschlossen werden kann.

Anaphylaktische Reaktionen nach Impfungen sind selten mit einer geschätzten Häufigkeit zwischen 1-10 Fällen pro 1.000.000 Dosen (Übersicht Rüggeberg J et al. Anaphylaxis: Case definition and guidelines for data collection, analysis, and presentation of immunization safety data, Vaccine 25 (2007) 5675–5684). Die Melderate von allergischen/anaphylaktischen Reaktionen, die über Hautsymptome hinausgingen, liegt im Bereich der in der Literatur erwähnten Häufigkeit.

Neurologische Reaktionen

Kumulativ wurden 112 Fälle mit verschiedenen neurologischen Reaktionen berichtet (einschließlich der 62 Meldungen, die bereits in unseren vorherigen Berichten zu den Kalenderwochen 44-48 dargestellt worden sind).

Allgemeiner Schwindel/ Schwindelgefühl sowie Kopfschmerzen wurden als Reaktion häufig gemeldet (siehe Abschnitt Übersicht). Verdachtsmeldungen, in denen allgemeiner Schwindel/ Schwindelgefühl oder Kopfschmerzen ohne jeweils weitere neurologische Reaktionen gemeldet wurden, sind in der Zahl der 112 Fälle, die in diesem Abschnitt aufgeführt werden, nicht enthalten.

Neurologische Erkrankungen

Meldungen über den Verdacht eines Guillain-Barré-Syndroms (GBS)

Bestätigte Fälle eines GBS (n=2)

Dieser Fall wurde bereits im vorherigen Bericht aufgeführt. Da der Patient inzwischen verstorben ist, wird im Folgenden ausführlich auf den Fall eingegangen:

  • Der 73 Jahre alte Mann entwickelte ab 5 Tagen nach der Impfung das typische klinische Bild eines Guillain-Barré-Syndroms (GBS) mit aufsteigenden Lähmungen und Sensibilitätsstörungen. Der Patient wurde stationär in eine neurologische Klinik aufgenommen. Neben dem klinischen Bild waren Liquorbefund und elektrophysiologischer Befund ebenfalls typisch für ein GBS, so dass die Diagnose eines GBS gestellt wurde. Verschiedene Differentialdiagnosen konnten ausgeschlossen werden. In der Anamnese fanden sich keine Anhaltspunkte für eine vorausgegangene Infektionskrankheit. An Vorerkrankungen waren ein oral eingestellter Diabetes mellitus Typ 2 sowie eine arterielle Hypertonie bekannt.

    Unter entsprechender Therapie kam es zu einer Besserung der klinischen Symptomatik des GBS, so dass der Patient im Verlauf in eine neurologische Rehabilitationsklinik verlegt werden konnte. Im Laufe der Reha-Behandlung war die neurologische Symptomatik weiter rückläufig, so dass der Patient am Rollator mobilisiert werden konnte. Dann kam es bei dem Patienten zu einer plötzlichen schweren klinischen Symptomatik (u.a. mit Kurzatmigkeit und Thoraxschmerzen). Deswegen verlegten die behandelnden Ärzte der Reha-Klinik den Patienten notfallmäßig in ein Akutkrankenhaus. Die dort durchgeführte Echokardiographie ergab – passend zur Verdachtsdiagnose einer Lungenembolie - eine akute Rechtsherzbelastung. Nach den bisher vorliegenden Informationen war die Durchführung einer Computertomographie aufgrund des instabilen Zustandes des Patienten nicht möglich. Es wurde bei Verdacht auf Lungenembolie eine Lysetherapie begonnen. Kurz darauf wurde der Patient reanimationspflichtig. Die über einen langen Zeitraum durchgeführten Reanimationsmaßnahmen waren ohne Erfolg. Der Patient verstarb wenige Stunden nach Beginn der akuten schweren klinischen Symptomatik.

In diesem Fall ist der zeitliche Abstand (5 Tage) zwischen der Impfung mit Pandemrix und dem Beginn des Guillain-Barré-Syndroms (GBS) plausibel. In dem vorliegenden Fall fanden sich in der Anamnese keine Hinweise auf eine Infektionskrankheit, die in etwa 40 bis 70% aller Fälle einem GBS vorausgeht. Ein ursächlicher Zusammenhang zwischen Pandemrix-Impfung und Auftreten des GBS ist in dem vorliegenden Fall nicht auszuschließen. Das Guillain-Barré-Syndrom wird im Abschnitt Nebenwirkungen der Fachinformation von Pandemrix aufgeführt. Wegen des plausiblen zeitlichen Abstands zur Impfung und dem fehlenden Hinweis auf einen vorausgegangenen Infekt als mögliche Ursache ist der ursächliche Zusammenhang mit der Impfung nach den Kriterien der WHO als möglich zu bewerten. Das Auftreten eines GBS im plausiblen zeitlichen Zusammenhang zu einer Impfung bedeutet jedoch nicht zwangsläufig, dass ein ursächlicher Zusammenhang bestehen muss, vielmehr werden im zeitlichen Abstand auch rein zufällig Fälle von GBS erwartet.

In dem vorliegenden Fall trat der Tod zu einem Zeitpunkt ein, als die neurologische Symptomatik bzw. das GBS rückläufig war und hinsichtlich des GBS bei dem Patienten eine gute Prognose bestand. Nach den bisher zu diesem Fall vorliegenden Informationen wird als Todesursache von den zuletzt behandelnden Ärzten der Verdacht auf eine Lungenembolie geäußert, die erstmals wenige Stunden vor dem Tod des Patienten symptomatisch geworden war. In mehr als 90% der Lungenembolien stammt die Embolie aus einer tiefen Venenthrombose (TVT) der Bein- oder Beckenvenen (wobei oft die TVT klinisch vor der Embolie nicht symptomatisch wird). Es ist nach den bisher vorhandenen Informationen anzunehmen, dass die Lungenembolie am ehesten durch die (teilweise) Immobilisierung des Patienten verursacht ist, die wiederum durch die Lähmungen aufgrund des GBS bedingt ist.

  • Eine 59jährige Frau entwickelte ab 8 Tage nach der Impfung neurologische Symptome eines GBS (u.a. distal betonte Tetraparese, aufsteigende Sensibilitätsstörungen in den Beinen). Die elektrophysiologische Diagnostik war ebenfalls passend zur Diagnose eines GBS. Die Patientin befindet sich in stationärer neurologischer Behandlung. 3 Tage nach Auftreten des GBS kam es während der Plasmapherese-Therapie zu einer kurzen Episode mit Kammerflattern; daraufhin erfolgte eine kurze erfolgreiche Reanimation. Weitere Informationen zu diesem Fall werden angefordert.
Fragliche Fälle eines GBS (n=2)
  • Ein 48 Jahre alter Mann entwickelte 2 Tage nach der Impfung erste neurologische Symptome, die zunächst als Symptome eines GBS gewertet wurden. Die Diagnose ist aufgrund der MRT-Befunde derzeit fraglich. Dieser Fall wurde bereits in unserem Vorbericht aufgeführt. Weitere Informationen stehen momentan aus.
  • Ein 24jähriger Mann entwickelte 14 Tage nach der Impfung Sensibilitätsstörungen an den Extremitäten. Er wurde mit dem Verdacht auf ein GBS hospitalisiert. Der Patient verließ die Klinik jedoch auf eigenen Wunsch, bevor die Diagnostik abgeschlossen war. Lähmungen waren bis zu diesem Zeitpunkt nicht aufgetreten.

Das Institute of Medicine (IOM) geht davon aus, dass das zeitlich plausible Intervall zwischen Impfungen und dem Auftreten eines GBS zwischen fünf Tagen und sechs Wochen beträgt. Ein GBS zwei Tage nach Impfung wäre demnach nicht plausibel.

Das Auftreten eines GBS im (zufälligen) zeitlichen Zusammenhang zu einer Impfung kann nicht ohne Ausschluss anderer Ursachen der Impfung angelastet werden. Nach aktueller Schätzung ist bisher von ca. 6,7 Millionen Geimpften in Deutschland auszugehen. Unter Berücksichtigung der Inzidenz eines GBS in Deutschland von im Mittel ca. 1,75 Fällen pro 100 000 Personen pro Jahr [1] sind statistisch zufällig innerhalb einer Woche nach der Impfung 2,25 Fälle und innerhalb von zwei Wochen 4,5 Fälle eines GBS zu erwarten.

Meldungen über den Verdacht eines GBS, der nicht bestätigt wurde (n=5)
  • In 5 Fällen wurde initial die Verdachtsdiagnose eines GBS gemeldet. Der weitere klinische Verlauf bzw. die Diagnostik ergaben jedoch, dass es sich jeweils nicht um ein GBS handelte.
  • Ein bereits im vorhergehenden Bericht als fraglich klassifizierter Verdachtsfall eines GBS wurde nicht bestätigt. Es wurde eine Lumboischialgie diagnostiziert.

Meldung über den Verdacht einer Neuritis (n=14)

Es wurden insgesamt 14 Fälle einer Neuritis gemeldet (einschließlich der 11 Fälle, die bereits in den vorherigen Berichten aufgeführt wurden). Es handelte sich um 8 Frauen und 5 Männer (in einem Fall wurde das Geschlecht nicht angegeben). Das Alter lag zwischen 18 und 70 Jahren (in 2 Fällen wurde das Alter nicht angegeben). Meldungen einer Fazialisparese werden separat im Abschnitt Paresen diskutiert.

Bei 3 dieser 14 Fälle wurde eine Neuritis des Nervus ulnaris gemeldet, in 2 Fällen wurde eine Armplexusneuritis berichtet, in 4 weiteren Fällen wurde über eine Neuritis (bzw. 1x über Neural-gien) mit Symptomen im Bereich des Impfarms berichtet, in einem Fall wurde über eine Neuritis mit Symptomen im Bereich des nicht-geimpften Arms berichtet, in einem Fall wurde der Verdacht auf eine serogenetische Polyradikuloneuritis gemeldet, in einem Fall wurde von einer Neuritis vestibularis berichtet und in 2 Fällen wurde nur allgemein vor einer Neuritis berichtet.

In 4 Fällen trat die Neuritis am Impftag, in 5 Fällen einen Tag nach der Impfung, in 1 Fall 1,5 Tage nach der Impfung, in 1 Fall nach drei Tagen, in 1 Fall nach einer Woche, in 1 Fall nach zwölf Tagen und in 1 Fall weniger als einen Monat nach der Impfung auf.

Im Folgenden werden die Fälle, die noch nicht in den vorherigen Berichten dargestellt wurden, einzeln aufgeführt:

  • Bei einer 66jährigen Frau, die am Impftag Myalgien und eine Induration - jeweils im Bereich des linken Oberarms - bekommen habe, wurde der Verdacht auf eine Neuritis/ Myositis berichtet. (Die Impfung war in den linken Oberarm erfolgt.) Befunde aus der Diagnostik lagen zum Zeitpunkt der Meldung noch nicht vor. Anhand der wenigen vorliegenden Informationen erscheint es sehr fraglich, ob es sich wirklich um eine Neuritis handelt. Möglicherweise lassen sich die Beschwerden auf eine Lokalreaktion nach Impfung zurückführen.
  • Bei einem 70jährigen Mann wurde über eine Neuritis vestibularis rechts berichtet, die drei Tage nach der Impfung auftrat und zum Zeitpunkt der Meldung fortbestand. Die klinische Symptomatik bestand aus Drehschwindel mit Gangunsicherheit bei unauffälligem Gehör.
  • Außerdem wurden Neuralgien im Bereich der linken Schulter und des linken Oberarms bei einem 50jährigen Mann gemeldet, die 12 Tage nach Impfung auftraten und bei Meldung fortbestanden. (Die Impfung war in den linken Oberarm erfolgt.) In diesem Fall ist es unklar, ob es sich um eine Neuritis handelt.

Bei den meisten dieser 14 Fälle einer Neuritis liegen derzeit keine detaillierten Informationen vor, so dass von Seiten des PEI nicht beurteilt werden kann, ob die diagnostischen Kriterien für eine Neuritis erfüllt sind. In 4 dieser 14 Fälle erscheint jedoch aufgrund der vorliegenden Informationen eine andere Diagnose wahrscheinlicher. Der Zeitabstand zwischen Impfung und Auftreten der Neuritis erscheint in 10 der 14 Fälle sehr kurz (gleicher Tag bis zu 1,5 Tagen nach der Impfung). Der ursächliche Zusammenhang ist in diesen Fällen als fraglich zu beurteilen, da ein immunpathologisches Geschehen wenige Stunden bzw. 1,5 Tage nach einer Impfung nicht plausibel ist. Literaturangaben bezüglich des Zeitabstands zwischen Impfungen und Symptombeginn einer Armplexusneuritis variieren z.B. zwischen 3 Tagen und 21 Tagen [2, 3, 5, 6, 7], in je einem Einzelfallbericht lag der Abstand bei 1 Monat [4] bzw. bei 47 Tagen [8]).

Die Zahl der Meldungen an das PEI über den Verdacht einer Neuritis im zeitlichen Zusammenhang mit Pandemrix ist gegenüber den Meldungen zu saisonalen Grippeimpfstoffen nicht erhöht. Zusammengefasst ergibt sich derzeit aus den Meldungen kein Signal.

Neuritis wird im Abschnitt Nebenwirkungen der Fachinformation von Pandemrix erwähnt.

Meldung als Krampfanfall (n=18)

Insgesamt wurden 18 Fälle eines Krampfanfalls gemeldet (einschließlich der 7 Fälle, die bereits in den vorherigen Berichten dargestellt wurden). Betroffen waren 2 Kleinkinder (6 und 26 Monate alt), 6 Kinder im Alter von 4 bis 10 Jahren, ein 16jähriger Jugendlicher sowie 9 Erwachsene (davon 5 Männer und 4 Frauen) im Alter von 21 bis 52 Jahren. Bei 9 der 18 Personen war eine Epilepsie bekannt. Bei den beiden Kleinkindern sowie bei 2 der 6 Kinder handelte es sich jeweils um einen Fieberkrampf. Die Kausalität wurde vom PEI mit möglich beurteilt. Bei den 14 Personen, bei denen jeweils nicht über Fieber berichtet wurde, lässt sich derzeit nicht beurteilen, ob es sich um einen zeitlich zufälligen oder ursächlichen Zusammenhang mit der Impfung handelt.

In 9 Fällen trat der Krampfanfall am Impftag auf (davon 1x 1 Minute, 1x 10 Minuten, 1x 20 Minuten, 1x 2 Stunden, 1x 3 Stunden, 1x 20 Stunden nach Impfung, in drei Fällen war der Zeitabstand nicht genauer angegeben), in 4 Fällen 1 Tag nach Impfung und in 4 Fällen 2 Tage nach Impfung. Bei 1 Fall wurde nicht genau angegeben, ob der Krampfanfall am Impftag oder 1 Tag nach Impfung auftrat.

Fieberkrämpfe (n= 4; ausschließlich Kinder)
  • davon bei Kindern mit bekanntem Krampfleiden (n=1)
  • davon bei Kindern ohne bekanntes Krampfleiden (n=3 )
Krampfanfälle ohne Fieber (n=14, davon 9 Erwachsene und 5 Kinder bis 17 Jahre)
  • davon bei Personen mit bekanntem Krampfleiden (n=8 )
  • davon bei Personen ohne bekanntes Krampfleiden (n=6 )

Krampfanfälle sind nach interpandemischen, saisonalen Influenzaimpfstoffen berichtet worden. In der Fachinformation von Pandemrix wird auf Krampfanfälle hingewiesen.

Meldung als Myelitis (Entzündung des Rückenmarks) (n=2)

  • Bei einer 24jährigen Frau wurde über eine zervikale Myelitis berichtet, die 1 Tag nach der Impfung begonnen habe und zum Zeitpunkt der Meldung noch angehalten habe. Derzeit wird die Erkrankung weiter abgeklärt. Zum Zeitpunkt der Meldung war keine stationäre Behandlung erforderlich.
  • Bei einer 20jährigen Frau trat 13 Tage nach der Impfung eine akute Myelitis auf. Als Symptomatik wurde eine Hypästhesie angegeben. In der Liquoruntersuchung fand sich eine Zellzahlerhöhung sowie eine intrathekale IgG-Synthese. Eine stationäre Behandlung war erforderlich, zum Zeitpunkt der Meldung war die Patientin noch nicht wiederhergestellt.

Eine Myelitis kann verschiedene Ursachen haben, z.B. kann sie erregerbedingt (u.a. durch Viren), parainfektiös, im Rahmen von verschiedenen Autoimmunerkrankungen oder paraneoplastisch auftreten. Ein Zeitabstand von 1 Tag zwischen Impfung und Myelitis ist zu kurz und erscheint zeitlich für eine immunologische Reaktion nicht plausibel. In beiden Fällen werden weitere Informationen angefordert.

Neurologische Symptome

Meldung mit Paresen (Lähmung) (n=16)

Es wurden insgesamt 16 Fälle im Alter von 9 bis 70 Jahren mit Krankheitsbildern gemeldet, die mit Paresen einhergingen (einschließlich der 9 Fälle, die bereits in den vorherigen Berichten aufgeführt wurden). Es handelte sich um 3 Kinder (9, 10 bzw. 13 Jahre alt) und 13 Erwachsene (5 Frauen und 8 Männer). In 7 dieser 16 Fälle wurde eine (periphere) Fazialisparese bzw. Gesichtsparese gemeldet, die übrigen 9 Fälle beziehen sich auf unterschiedliche Paresen/ Krankheitsbilder.

In 2 Fällen trat die Parese am Impftag, in 3 Fällen einen Tag nach der Impfung, in 2 Fällen drei Tage nach der Impfung, in 2 Fällen nach vier Tagen, in 1 Fall nach 6 Tagen, in 2 Fällen nach 8 Tagen, in 1 Fall nach 9 Tagen und in 1 Fall nach 17 Tagen auf. In 2 Fällen war der Zeitabstand zur Impfung unklar.

Zusammenfassend handelt es sich bei 9 dieser 16 Fälle um Berichte von Paresen bzw. Erkrankungen, die insgesamt unabhängig von Impfungen vergleichsweise häufig vorkommen (z.B. Häufigkeit der idiopathischen Fazialisparese ca. 7-32 Fälle pro 100 000 Personen pro Jahr, Häufigkeit des Schlaganfalls ca. 175-260 Fälle pro 100 000 Personen pro Jahr). So ist die Zahl der gemeldeten Fälle einer Fazialisparese (n=7) niedriger als die rein zufällig innerhalb von 8 Tagen nach Impfung zu erwartende Zahl (n= 10-47 Fälle bei vermuteten 6,7 Millionen Geimpften). 7 der 16 Fälle sind aufgrund der derzeit vorliegenden Informationen keinem bestimmten Krankheitsbild sicher zuzuordnen. Ein Signal ergibt sich aus den Meldungen derzeit nicht.

Meldung verschiedener Sensibilitätsstörungen (n=32)

Es wurden insgesamt 32 Fälle von Sensibilitätsstörungen bei 4 Kindern/ Jugendlichen (im Alter von 8 bis 17 Jahren) und 28 Erwachsenen (davon 19 Frauen und 8 Männern im Alter von 20 bis 73 Jahren, 1x Geschlecht nicht angegeben) berichtet (einschliesslich der 12 Fälle, die bereits in den vorherigen Berichten aufgeführt wurden). Es wurden folgende Sensibilitätsstörungen gemeldet: Parästhesie, Taubheitsgefühl, Hypästhesie, Hyperästhesie, vermindertes oder gestörtes Temperaturempfinden, Berührungsschmerzen/ Berührungsempfindlichkeit, stechende und brennende Missempfindungen.

In 7 Fällen wurde der Zeitabstand zwischen Impfung und Beginn der Sensibilitätsstörung nicht angegeben, in 11 Fällen begann die Symptomatik am Tag der Impfung, in 3 Fällen einen Tag nach der Impfung, in 5 Fällen zwei Tage nach der Impfung, in je 1 Fall nach drei bzw. vier Tagen, in 2 Fällen nach fünf Tagen und in je 1 Fall sieben Tage und 13 Tage nach der Impfung.

Insgesamt handelt sich um Symptombeschreibungen, die derzeit keiner einheitlichen Erkrankung zugeordnet werden können.

Parästhesien sind bekannte Nebenwirkungen von Pandemrix, die gelegentlich vorkommen können.

Einzelfallberichte bezüglich verschiedenster anderer neurologischer Symptome bzw. Erkrankungen (n= 22)

  • Bei einer 34jährigen Frau wurde ein Schub bei bekannter Multipler Sklerose berichtet, der 7 Tage nach der Impfung aufgetreten sei und zum Zeitpunkt der Meldung noch andauere. (In unserem Vorbericht vom 2.12.2009 ist außerdem 1 Fall einer Zunahme neurologischer Beschwerden bei vorbestehender Multipler Sklerose aufgeführt).
  • Bei einer 57jährigen Frau trat 1 Tag nach der Impfung ein akuter Hörsturz links auf, außerdem wurde über Übelkeit, Schwindel und einem nach links drehenden Nystagmus beidseits berichtet. Zum Zeitpunkt der Meldung war die Patientin noch nicht wiederhergestellt.
  • Bei einem 60jährigen Mann trat 1 Tag nach der Impfung ein Lagerungsschwindel mit Nystagmus auf, der sieben Stunden angedauert habe.
  • Bei einem 34jährigen Mann wurde der V.a. auf eine vorübergehende psychovegetative Reaktion mit Zittrigkeit und Herzklopfen berichtet, die 10 Minuten nach der Impfung aufgetreten sei und einen halben Tag angedauert habe.
  • Bei einem 73jährigen Mann trat 2 Tage nach der Impfung eine Ptose (=hängendes Oberlid) auf, die zum Zeitpunkt der Meldung noch fortbestand.

17 Fälle verschiedenster anderer neurologischer Symptome bzw. Erkrankungen, die bereits in den vorherigen Berichten dargestellt sind, sind hier nicht nochmals aufgeführt.

Insgesamt wurde dem PEI ein breites Spektrum neurologischer Symptome/ Erkrankungen ohne einheitliches Muster gemeldet, die als isolierte Fälle nicht auf ein Signal hinweisen.

Kardiovaskuläre Reaktionen

Insgesamt wurden zwanzig kardiovaskuläre Reaktionen als schwerwiegend bewertet. Zusätzlich zu den dreizehn bereits in den vorherigen Berichten dargestellten Fällen erhielt das PEI sieben weitere Meldungen. In den meisten Fällen liegen dem PEI keine Angaben zu den Vorerkrankungen vor, so dass eine valide medizinische Bewertung nicht möglich ist.

  • Eine Meldung über erhöhten Blutdruck innerhalb der ersten 24 Stunden nach Impfung. Die Patientin musste im Krankenhaus stationär behandelt werden, hat sich aber wieder vollständig erholt.
  • Vier Meldungen von verschiedensten Herzrhythmusstörungen im Abstand zwischen drei Stunden und 4 Tagen nach der Impfung.
  • Einen Tag nach der Impfung traten in einem Fall Brustschmerzen links auf bei einer bekannten stabilen koronaren Herzerkrankung auf. Die Diagnostik (EKG, Echokardiographie und Koronarangiographie) konnte keine Ursache gefunden werden. Der Patient konnte beschwerdefrei aus dem Krankenhaus entlassen werden.
  • In einem Bericht wurde über eine Herzkreislaufinsuffizienz einen Tag nach der Impfung berichtet. Der Patient wurde im Krankenhaus stationär aufgenommen und konnte dort nach unseren Informationen vollständig erholt entlassen werden. Weitere Informationen wurden angefragt.

(Auto)immunreaktionen bzw. Auslösung eines Schubs einer Autoimmunreaktion

Bisher sind 13 Fälle berichtet worden, bei denen eine (Auto)immunreaktion in zeitlichem Zusammenhang mit der Impfung gemeldet wurde, von denen 9 Fälle bereits in den vorhergehenden Berichten beschrieben wurden. Zusätzlich gemeldet wurden in der KW 49:

  • Eine Oligoarthritis bei einem 8 Jahre alten Kind 4 Tage nach der Impfung. Da nur wenige Informationen berichtet wurden, kann eine Bewertung nicht vorgenommen werden.
  • 2 Meldungen über einen Rheumaschub bei Patienten bei erwachsenen Patienten. In einem Fall, der durch einen Apotheker gemeldet wurde, ist die Datenlage zur Bewertung nicht ausreichend. In einem andren Fall weist der meldende Arzt darauf hin, dass es sich auch um ein zufälliges Ereignis handeln könnte. Wegen fehlender Daten zu betroffenen Gelenken und dem klinischen Verlauf wurden auch in diesem Fall weitere Informationen angefordert.
  • Eine Schönlein-Henoch Purpura drei Tage nach Impfung mit Pandemrix wurde bei einem 3 Jahre alten Kind gemeldet. Bei dem Kind bestand eine Rhinopharyngitis. Außerdem wurde das Kind zuvor mit einem saisonalen Grippeimpfstoff geimpft. Im vorliegenden Fall ist insbesondere die Rhinopharyngitis als Auslöser zu diskutieren.
  • Jährlich sind 15–25 von 100.000 Kindern und Jugendlichen betroffen. Die Purpura Schönlein-Henoch tritt am häufigsten im Vorschul- und Schulalter nach einem vorausgehenden Atemwegsinfekt oder anderen Auslösern (Medikamenten) auf, beginnt akut und verläuft häufig in Form mehrerer Schübe. In der großen Mehrzahl der Fälle heilt die Erkrankung folgenlos. Sie kommt in der kalten Jahreszeit gehäuft vor.

Anhand der isolierten Einzelfälle kann nicht beurteilt werden, ob es sich um einen zeitlich zufälligen oder ursächlichen Zusammenhang handelt.

Meldungen in der Schwangerschaft

Es wurden keine neuen Meldungen gemacht. Im letzten Bericht wurde über einen Spontanabort in der Frühschwangerschaft berichtet. Aborte in der Frühschwangerschaft treten spontan mit einer Häufigkeit von ca. 15 % auf. Aufgrund des Einzelfalles kann kein ursächlicher Zusammenhang mit der Impfung hergestellt werden.

Meldungen von Verdachtsfällen von Nebenwirkungen bei Kindern und Jugendlichen

137 Meldungen bezogen sich auf Kinder und Jugendliche im Alter von 6 Monaten bis 17 Jahren (Mittelwert 9,9 Jahre). 57 (41,6%) Fälle wurden als schwerwiegend beurteilt. 60 (43,7 %) Kinder waren vollständig wieder hergestellt und bei einem (0,7 %) Kind hatte sich der Gesundheitszustand zum Zeitpunkt der Meldung bereits gebessert. 32 (23,3 %) Kinder waren zum Zeitpunkt der Meldung noch nicht wieder hergestellt. Bei 43 (31,3 %) Kindern wurde der Ausgang der unerwünschten Ereignisse als unbekannt gemeldet.

Insgesamt sind dem PEI bisher 19 Fälle eines Verdachts einer anaphylaktischen/ anaphylaktoiden Reaktion bzw. Fälle mit Reaktionen aus dem allergischen Symptomenkomplex von unterschiedlicher Ausprägung und verschiedenen Schweregrades bei Kindern gemeldet worden. Dabei handelt es sich um 10 männliche und 9 weibliche Impflinge im Alter zwischen drei Jahren und 17 Jahren (Durchschnittsalter 9,2 Jahre; Median 9 Jahre). In keinem Fall wurde eine Hühnereiweißallergie mitgeteilt.

Entsprechend dem Klassifizierungsschema nach Ring und Messmer wurden 12 Fälle als Typ I, 4 Fälle als Typ II und 3 Fälle als Typ III eingestuft.

Die Mehrzahl der gemeldeten Symptome zählen zu den bekannten, in der Fachinformation von Pandemrix aufgeführten Nebenwirkungen.

Meldungen zu Impfversagern

Bis zum 3.12.2009 wurde dem PEI fünf Fälle berichtet, in dem nach der Impfung mit Pandemrix eine Infektion mit Influenza A H1N1v nachgewiesen wurde, bestätigt durch einen positiven Test für Influenza A H1N1. Hierbei handelt es sich um einen Erwachsenen (69 Jahre) und vier Kindern im Alter von 9 – 17 Jahren. Alle Personen hatte entsprechend der aktuellen Impfempfehlung nur eine Impfung erhalten. Der Zeitraum zwischen der Impfung und dem Auftreten der Infektion lag zwischen 5 und 17 Tagen, so dass bei den Impflingen nicht von einem ausreichenden Impfschutz gegen Influenza A H1N1 ausgegangen werden kann.

Bewertung

Aufgrund der derzeit vorliegenden Daten ergibt sich kein Hinweis auf eine geänderte Nutzen-Risiko-Abwägung für Pandemrix. Im Vergleich zum Bericht des PEI vom 02.12.2009 haben sich keine neuen Risikosignale ergeben. Das PEI wird weiterhin engmaschig alle gemeldeten unerwünschten Ereignisse recherchieren und wissenschaftlich bewerten.

Literatur

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[8] Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft. Armplexusneuritis im Zusammenhang mit Gardasil. Deutsches Ärzteblatt 2008; 44:2346

Aktualisiert: 15.12.2009