Brexit
Brexit
Das Vereinigte Königreich (United Kingdom, UK) ist am 31.01.2020 aus der EU ausgetreten und gilt seit dem 01.02.2020 als Drittland. In dem Abkommen über den Austritt von UK wurde eine Übergangsfrist bis zum 31.12.2020 vereinbart, in der die Bedingungen und Verpflichtungen des EU-Rechts bis auf einige Ausnahmen weiterhin für UK galten. Die Ausnahmen betrafen insbesondere die führende Rolle von UK in europäischen Verfahren sowie die Teilnahme von UK-Vertretern in europäischen Gremien. UK konnte deshalb bereits seit dem 01.02.2020 nicht mehr die Funktion des Referenzmitgliedstaats (Reference Member States, RMS) oder des (Ko)-Rapporteurs innehaben. Laufende Verfahren mit UK als RMS wurden zum Datum des Austritts gestoppt. Sie mussten über einen RMS in der Europäischen Union (EU)/des Europäischen Wirtschaftsraums (EWR) neu eingereicht werden.
Seit dem 01.01.2021 gilt das EU Arzneimittelrecht, wie es im "Acquis communautaire" niedergelegt ist, für UK nur noch in Bezug auf Nordirland. Grundlage hierfür ist das Protokoll über Irland / Nordirland. Dieses Protokoll ist Teil des Austrittsabkommens zwischen der EU und dem Vereinigten Königreich.
Umsetzung im Paul-Ehrlich-Institut
Das Paul-Ehrlich-Institut, Bundesinstitut für Impfstoffe und biomedizinische Arzneimittel, hat sich frühzeitig darauf vorbereitet, sein Engagement im europäischen Netzwerk der Arzneimittelbehörden auszubauen. Dazu hat es seine personellen Kapazitäten erweitert und Verfahren, die bis zum Austritt des Vereinigten Königreiches unter Federführung von UK-Behörden standen, übernommen, um damit potenziellen Engpässen vorzubeugen:
- Verfahren der gegenseitigen Anerkennung (Mutual Recognition Procedure, MRP) und Dezentrale Verfahren (Decentralised Procedure, DCP) sowie deren Folgeverfahren – HMA
- Zentralisierte Zulassungs- und deren Folgeverfahren – EMA
- Chargen- und Produktprüfung im Rahmen des OMCL-Netzwerks – EDQM
Auch in den Bereichen der Genehmigung klinischer Prüfungen bzw. von Feldversuchen, der wissenschaftlichen Beratungen, Inspektionen und der Pharmakovigilanz hat das Paul-Ehrlich-Institut seine Aktivitäten verstärkt. Betroffen vom Brexit sind außerdem die Produktprüfung und die Erstellung von EU-Zertifikaten für die staatliche Chargenfreigabe. Die Expertinnen und Experten des Paul-Ehrlich-Instituts haben hier zusätzliche Aufgaben übernommen.
Aktualisiert: 08.01.2021
Hinweise für Antragstellende
Hinweise für Antragstellende
Das Paul-Ehrlich-Institut weist darauf hin, dass die folgenden Personen, Funktionen bzw. Aktivitäten ab dem 01.01.2021 innerhalb der EU oder des EWR angesiedelt sein müssen:
- Zulassungsinhaber und Antragsteller
- Chargenprüfung und –freigabe
- Qualitätskontrolle (QC)
- Qualifizierte Person (QP)
- Qualifizierte Person für Pharmakovigilanz (QPPV)
- Stufenplanbeauftrager (in einem Land der EU)
- Pharmakovigilanz-Masterfile (PSMF)
Die Übertragung dieser Funktionen und Aktivitäten in die EU oder den EWR muss vor dem 01.01.2021 erfolgt sein. In laufenden DCP-Zulassungsverfahren können die entsprechenden Änderungen auch nach dem 01.01.2021 mit der Tag 106- bzw. der Tag 160-Response noch eingereicht werden. In laufenden MRP-Verfahren ist nur ein Wechsel des Antragstellers bzw. des künftigen Zulassungsinhabers (Marketing Authorisation Holder, MAH) mit der Tag 40-Response möglich. Alle anderen Änderungen müssen als Variation vor dem Start des MRP beantragt und abgeschlossen sein.
Ab dem 01.01.2021 gilt für Arzneimittel, bei denen mindestens eine der o.g. Funktionen und Aktivitäten noch ausschließlich im Vereinigten Königreich angesiedelt ist:
- Sie sind nicht mehr EU-konform und dürfen nicht mehr in der EU oder dem EWR in den Verkehr gebracht werden.
- Bereits freigegebene und in die EU/den EWR verbrachte Arzneimittel dürfen weiterhin im Markt bleiben.
- Ausgenommen sind Chargenprüfung und -freigabe, die in Nordirland stattfinden kann.
Für Importe aus dem Vereinigten Königreich gelten ab 01.01.2021 die Drittlandbestimmungen – die Details des Handelsabkommens zwischen der EU und Großbritannien müssen dabei berücksichtigt werden.
Für alle laufenden Verfahren und erteilten Zulassungen im MRP/DCP, in denen UK aktuell noch beteiligter Mitgliedsstaat (Concerned Member State, CMS) ist, erfolgt eine automatische Übertragung von UK zu XI (offizieller Term für Nordirland). Antragsteller oder Zulassungsinhaber, die von dieser automatischen Übertragung keinen Gebrauch machen wollen, müssen die britische Zulassungsbehörde (MHRA) und den RMS unverzüglich informieren.
Gemäß dem Protokoll müssen die vom Vereinigten Königreich für Nordirland auszustellenden nationalen Zulassungen für Arzneimittel (d.h. andere als beim zentralen Zulassungsverfahren) den Artikeln 17 und 18 der Richtlinie 2001/83 entsprechen. Das heißt, sie müssen für künftige Zulassungen das dezentralisierte Verfahren (DCP) oder das Verfahren der gegenseitigen Anerkennung (MRP) durchlaufen, wenn der Antragsteller bereits eine Zulassung in einem EU/EWR-Mitgliedstaat (MRP) besitzt oder eine Zulassung in mehr als einem EU/EWR-Mitgliedstaat (DCP) beantragt. Daher müssen Antragsteller, die eine Zulassung für UK in Bezug auf Nordirland erlangen möchten, Nordirland als Mitgliedsland (XI) in ihren Zulassungsantrag im DCP oder MRP einbeziehen. Den Zulassungsinhabern wird dringend empfohlen, sich mit den Regelungen des Protokolls zu Irland/Nordirland (IE/NI-Protokoll) vertraut zu machen, die seit dem Ende der Übergangsperiode gelten und ihre Zulassungen bei Bedarf entsprechend anzupassen.
Das am 24.12.2020 abgeschlossene Handelsabkommen zwischen der EU und UK beinhaltet unter anderem ein Abkommen über die gegenseitige Anerkennung von Inspektionen und GMP-Dokumenten.
Kontakt
E-Mail: eu-cooperation@pei.de
Übernahme Produktprüfung als OMCL
Das Paul-Ehrlich-Institut ist an einem engen Dialog mit den Herstellern interessiert, um zusätzliche Aufgaben innerhalb der staatlichen Chargenfreigabe und Produktprüfung in den akkreditierten Laborbereichen zu übernehmen, und begleitet gerne einen Wechsel des OMCL (Official Medicines Control Laboratory, amtliches Arzneimittelkontrolllabor) sowohl für Human- als auch Veterinärprodukte.
Die relevanten europäischen Gremien haben Arbeitsgruppen zum Thema Brexit etabliert, die europäische Festlegungen sowie FAQ zu verschiedenen Fragestellungen auf ihren Internetseiten veröffentlichen. Das Paul-Ehrlich-Institut unterstützt vollumfänglich die bereits zur Verfügung gestellten Hinweise und die getroffenen Festlegungen auf europäischer Ebene.
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Produktprüfung: omcl@pei.de
Anerkennung von EU-Zertifikaten für die Chargenfreigabe von Blutprodukten und Impfstoffen durch das Paul-Ehrlich-Institut
Ab dem 1. Januar 2021 nimmt das Vereinigte Königreich (UK) nicht mehr an der gegenseitigen Anerkennung von Official Control Authority Batch Release (OCABR) und Official Batch Protocol Review (OBPR) innerhalb der EU/EWR teil. UK kann keine EU/EWR-OCABR/OBPR-Zertifikate mehr ausstellen, und ab diesem Datum ausgestellte Chargenfreigabezertifikate aus UK werden in der EU/EWR nicht mehr anerkannt.
In Übereinstimmung mit den Q&A der EU-Kommission vom 13. März 2020 ist es jedoch weiterhin möglich, dass einzelne Mitgliedsstaaten EU/EWR-OCABR/OBPR-Zertifikate, die UK bis zum 31. Dezember 2020 ausgestellt hat, als Teil ihres Freigabeprozesses für Chargen verwenden, die ab dem 01.01. 2021 in ihrem Land in Verkehr gebracht werden. Für diese Chargen sind keine zusätzlichen OCABR/OBPR-Tests erforderlich.
Das Paul-Ehrlich-Institut teilt die Auffassung von EU-Kommission und EDQM. Es berücksichtigt auch nach dem Ende der Übergangsfrist am 31.12.2020 EU-Zertifikate der britischen Behörden National Institute for Biological Standards and Control (NIBSC) undVeterinary Medicines Directorate (VMD), die noch vor dem 31.12.2020 ausgestellt wurden, uneingeschränkt bei seinen eigenen nationalen Chargenfreigaben.
Aktualisiert: 08.01.2021