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Aus­schuss für Hu­manarz­nei­mit­tel bei der EMA emp­fiehlt Zu­las­sungs­er­wei­te­rung für den CO­VID-19-Impf­stoff Co­mir­na­ty von Bi­oN­Tech/Pfi­zer ab 12 Jah­ren

Der Ausschuss für Humanarzneimittel (Committee for Medicinal Products for Human Use, CHMP) bei der Europäischen Arzneimittelagentur (European Medicines Agency, EMA) hat am 28.05.2021 die Empfehlung ausgesprochen, für den COVID-19-Impfstoff Comirnaty von BioNTech/Pfizer eine Zulassungserweiterung für die EU und damit auch Deutschland zu erteilen. Bisher ist der Impfstoff ab einem Alter von 16 Jahren zugelassen. Mit der Zulassungserweiterung kann dieser Impfstoff ab einem Alter von 12 Jahren eingesetzt werden. Es wird mit einer kurzfristigen Entscheidung der Europäischen Kommission gerechnet, die in der Regel den Empfehlungen des CHMP folgt.

Ampullen Impfstoff Comirnaty und Spritze (Quelle: Squarespace/Pixabay.com)

In einer randomisierten, Placebo-kontrollierten klinischen Prüfung mit etwas mehr als 1.000 Comirnaty-geimpften Jugendlichen im Alter von 12 bis 15 Jahren wurde als primäres Studienziel nachgewiesen, dass die Immunogenität (gemessen als neutralisierende Antikörper gegen SARS-CoV-2) nach zweimaliger Impfung von 12- bis 15-Jährigen in gleichem oder sogar höherem Titer wie bei 16- bis 25-Jährigen Erwachsenen erzeugt werden. Als sekundäres Studienziel konnte gezeigt werden, dass die Wirksamkeit gegenüber COVID-19 in einem sehr ähnlichen Bereich wie bei Erwachsenen liegt (Wirksamkeit 100 %, 95 % CI 75,100). Es kann daher davon ausgegangen werden, dass dieser COVID-19-Impfstoff auch bei Jugendlichen im Alter von 12- bis 15-Jährigen COVID-19 jeden Schweregrads und alle mit einer SARS-CoV-2-Infektion einhergehenden und folgenden Erkrankungen (z.B. Pediatric Inflammatory Multisystem Syndrome (PIMS), Long-COVID) mit einer hohen Wahrscheinlichkeit verhindert. Ein formaler Beleg zum Nachweis der Verhinderung dieser günstigen Effekte kann nicht geführt werden, da eine erneute randomisierte Studie in einer Subgruppe nicht angemessen wäre. Es kann auch davon ausgegangen werden, dass der direkte Nutzen bezüglich der Verhinderung von COVID-19 bei Jugendlichen mit Risikofaktoren für einen symptomatischen oder schweren Verlauf insgesamt höher ist als bei Jugendlichen ohne Risikofaktoren.

Die Analyse der häufigen Nebenwirkungen (Reaktogenität, typische vorübergehende Impfreaktionen) ergab ein ähnliches Profil wie bei Erwachsenen. Insgesamt war die Häufigkeit des Auftretens dieser Nebenwirkung etwas höher als bei Erwachsenen, es wurden jedoch weder qualitativ neue noch neue schwerwiegende Nebenwirkungen beobachtet. Schwerwiegende unerwünschte Ereignisse wurden bei 0,4 % der Geimpften und 0,2 % der Probandinnen und Probanden, die Placebo erhielten, beobachtet. Keines dieser Ereignisse wurde auf den Impfstoff zurückgeführt. Wie bei jeder Zulassung ist die Information zum Auftreten seltener Nebenwirkungen begrenzt, die sehr große Datenbasis bei Erwachsenen aufgrund der bereits millionenfach durchgeführten Impfungen unterstützt jedoch die Sicherheit von Comirnaty. Das kürzlich beobachtet Signal von Herzmuskelentzündungen (Myokarditis) bei jungen Erwachsenen wird derzeit aktiv untersucht, es ist nicht klar, ob diese Beobachtungen in einem kausalen Zusammenhang mit der Impfung mit Comirnaty stehen. In der Studie bei Jugendlichen wurde kein Fall einer Myokarditis beobachtet.. Die Erfahrung aus den USA, die bereits eine Zulassung für Jugendliche < 16 Jahre erteilt haben, ist derzeit noch nicht ausreichend, um Schlussfolgerungen zu ziehen.

Für die Anwendung eines Impfstoffs sind neben dem direkten medizinischen Nutzen für den Geimpften, also der Verhinderung oder der Abmilderung der Erkrankung und der Erkrankungsfolgen, auch der indirekte und ggf. der soziale bzw. sozial-psychologische Nutzen in Betracht zu ziehen. Dieser indirekte Nutzen kann nicht in Zulassungsstudien überprüft werden, sondern muss im Kontext der Auswirkungen des Infektionsgeschehens auf die Bevölkerung betrachtet werden. Im Rahmen einer europäischen Zulassung ist zu berücksichtigen, dass dieser Kontext in den Mitgliedstaaten unterschiedlich sein kann. Dies betrifft z.B. die getroffenen Maßnahmen zur Eindämmung des Infektionsgeschehens wie Distanzierungsmaßnahmen, die daraus resultierenden psychischen und sozialen Folgen, die wirtschaftlichen Voraussetzungen, wie z.B. die Möglichkeit der Arbeit aus dem Home-Office bzw. des Unterrichts per Computer und die allgemeine Akzeptanz der verschiedenen Maßnahmen in der Bevölkerung, aber auch die Impfstrategie insgesamt.

In der Gesamtschau der erhobenen Daten zu belegtem direkten Nutzen, möglichem bzw. wahrscheinlichem indirekten Nutzen sowie den bekannten Risiken liegt eine günstige Nutzen-Risiko-Abwägung vor. Die beste Anwendung ist von den Mitgliedstaaten in Abhängigkeit von der Impfstrategie zu treffen. In Deutschland werden solche Abwägungen entweder politisch oder seitens der Ständigen Impfkommission (STIKO) getroffen.

Aktualisiert: 28.05.2021