Vorsicht bei kommerziellen Behandlungsangeboten mit nicht zugelassenen / nicht genehmigten Arzneimitteln für neuartige Therapien (ATMP)
Die Europäische Arzneimittelagentur (European Medicines Agency, EMA) und der Verbund der Leitungen der Arzneimittelbehörden der EU-Mitgliedstaaten (Heads of Medicines Agencies, HMA) machen auf potenzielle Risiken aufmerksam, die von bestimmten, nicht zugelassenen bzw. nicht genehmigten Arzneimitteln für neuartige Therapien (Advanced Therapy Medicinal Products, ATMP) ausgehen können. Hintergrund ist die wachsende Zahl von kommerziellen Behandlungsangeboten innerhalb der Europäischen Union, zuletzt z. B. im Bereich der dendritischen Zelltherapien zur Krebsbehandlung.
Quelle: Meletios Verras/Shutterstock
ATMP sind hochgradig innovative Arzneimittel, die insbesondere auf der gezielten genetischen Veränderung von Zellen oder auf biotechnologisch bearbeiteten Zellen oder Geweben basieren und erheblichen medizinischen Nutzen haben können. Um die Sicherheit und Wirksamkeit von ATMP zu gewährleisten, gelten in der Europäischen Union (EU) hohe regulatorische Standards. Daher werden diese Arzneimittel nach einem Verfahren bei der EMA zentral durch die EU-Kommission zugelassen. Unter bestimmten Voraussetzungen können nationale Arzneimittelbehörden wie das Paul-Ehrlich-Institut ATMP genehmigen. Ziel dieser Regelungen ist es, Patientinnen und Patienten bestmöglich zu schützen und sicherzustellen, dass neue Therapien sowohl sicher als auch wirksam sind.
Risiken nicht zugelassener / nicht genehmigter ATMP
Vorsicht! ATMP werden derzeit ohne behördliche Zulassung oder Genehmigung z. B. im Internet und in Sozialen Medien beworben – oftmals ohne belastbare wissenschaftliche Nachweise über ihre Wirksamkeit oder Unbedenklichkeit. Solche nicht zugelassenen / nicht genehmigten Produkte unterliegen auch keinen verbindlichen Kontrollen hinsichtlich ihrer Qualität, Zusammensetzung und Lagerung. Dies kann zu gesundheitlichen Risiken wie schweren Nebenwirkungen führen. Zusätzlich besteht die Gefahr finanzieller Belastungen und emotionaler Enttäuschung für Patientinnen und Patienten, die sich eine wirksame Behandlung erhoffen.
Die EMA und die nationalen Behörden raten daher ausschließlich zu einer Behandlung mit ATMP, die zugelassen sind oder im Rahmen genehmigter klinischer Prüfungen verabreicht werden. Unter bestimmten Voraussetzungen kann in Deutschland auch an spezialisierten Zentren, z. B. Universitätskliniken und Krankenhäusern, eine individualisierte Anwendung erfolgen. Solche individuellen Ansätze unterliegen ebenfalls klaren rechtlichen Rahmenbedingungen und sind für die Patientinnen und Patienten kostenfrei.
Woran erkennen Patientinnen und Patienten ein möglicherweise nicht zugelassenes ATMP?
Warnzeichen für nicht zugelassene / nicht genehmigte ATMP können sein:
- Heilversprechen bei schweren Krankheiten ohne wissenschaftliche Belege.
- Kommerzielle Angebote von "experimentellen Therapien" außerhalb genehmigter klinischer Prüfungen.
- Keine Bestätigung einer Zulassung oder Genehmigung durch die EMA oder nationale Behörde.
- Zum Teil hohe Kosten, die nicht von den Krankenkassen erstattet werden.
Was Patientinnen und Patienten sowie Angehörige beachten sollten:
- Solche Behandlungsangebote finden sich häufig auf Internetseiten oder in Sozialen Medien und richten sich gezielt an schwerkranke Patientinnen und Patienten.
- Vor jeder Therapie sollte eine ausführliche Beratung durch Fachärztinnen und Fachärzte erfolgen, die auf die Behandlung der jeweiligen Erkrankung spezialisiert sind. Es wird empfohlen, dass Sie sich im Zweifel mit Ihrer Krankenkasse über die Möglichkeiten zur Einholung einer Zweitmeinung durch weitere unabhängige Fachärztinnen und Fachärzte abstimmen.
- Besondere Vorsicht ist geboten bei kostspieligen Angeboten, die nicht von den Krankenkassen erstattet werden. Es wird empfohlen, dass Sie sich vor Beginn der Behandlung bezüglich der Frage einer möglichen Kostenübernahme mit Ihrer Krankenkasse in Verbindung setzen.
- Verdachtsfälle von Nebenwirkungen können an nationale Behörden gemeldet werden, in Deutschland über das Online-Portal des Paul-Ehrlich-Instituts.
- Bei dem Verdacht auf ein Behandlungsangebot mit einem nicht zugelassenen / nicht genehmigten ATMP melden Sie dies bitte bei der für die Überwachung von Arzneimitteln zuständigen Landesbehörde.
- Informationen über zugelassene/genehmigte ATMP bietet das Paul-Ehrlich-Institut auf seiner Internetseite an.