Paul-Ehrlich-Institut

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Fehlerhafter HIV-Test: Fortschritte beim Nachtesten

6 / 1996

Bisher ist in Deutschland kein Fall gefunden worden, in dem der HIV-Test "IMx HIV-1/HIV-2 3rd Generation Plus Reagent Pack" der Firma Abbott versagt und ein falsch-negatives Ergebnis gezeigt hätte. Dieser Test hatte weltweit bei bisher insgesamt zwei Millionen Untersuchungen in vier Fällen versagt und eindeutig HIV-positive Blutproben nicht erkannt. Daraufhin hatte das Paul-Ehrlich-Institut (PEI) in Langen das Ruhen der Zulassung für diesen HIV-Test angeordnet. Nachdem die Nachtestungen von Blutspenden und Patienten begonnen haben, kann nun eine erste Zwischenbilanz zu den befürchteten Fehldiagnosen in Deutschland gezogen werden.

Nach jetzt vorliegenden Angaben wurde der Test im Blutspendewesen insgesamt bei rund 10.000 Spenden zum Screenen eingesetzt. Von diesen Spenden stehen Rückstellproben zur Verfügung. Bisher sind rund 60 Prozent dieser Proben nachgetestet worden und haben kein falsch-negatives Ergebnis gezeigt.

Alle HIV-Antikörper-Tests zeigen gelegentlich positive (richtiger: reaktive) Ergebnisse an, ohne daß eine Infektion vorliegt. Reaktive Ergebnisse müssen daher grundsätzlich mit anderen Verfahren, z.B. dem Western-Blot, bestätigt werden. Andernfalls handelt es sich um falsch-positive Ergebnisse. Mit solchen Resultaten muß auch beim Nachtesten gerechnet werden. In der Tat ist ein solcher Fall bereits berichtet worden.

Die Nachtestung von Patienten, zu der alle Bundesländer aufgerufen haben, ist wesentlich aufwendiger, da diese Personen einzeln angeschrieben werden müssen. Es kommt auch vor, daß einer erneuten Untersuchung nicht zugestimmt wird. Als Beispiel teilte uns ein Arzt mit, von 74 angeschriebenen Patienten hätten sich lediglich 17 gemeldet, um sich erneut auf HIV testen zu lassen. Dort, wo Patienten schon erneut untersucht werden konnten, ist bisher kein Versagen des Abbott-Testes festgestellt worden.

"Durch das schnelle Handeln des Paul-Ehrlich-Instituts", sagte Prof. Reinhard Kurth, Leiter des PEI, "ist verhindert worden, daß zukünftig mit dem betroffenen Test falsche Ergebnisse erzielt werden könnten. Blutspenden dürfen und durften nur dann verabreicht werden, wenn sie fachgerecht mit anderen Tests überprüft worden sind. Im Blutspendewesen ist daher der hohe Sicherheitsstandard der Bundesrepublik umgehend wiederhergestellt worden. Durch Nachtesten soll untersucht werden, ob in der Vergangenheit infizierte Spenden durch ein Versagen des betroffenen Tests nicht erkannt wurden. Bisher sind derartige Fälle in der Bundesrepublik nicht entdeckt worden."

Zur Erinnerung eine kurze Chronologie der Ereignisse:

Ende März informierte die Firma Abbott das Paul-Ehrlich-Institut über die Meldung von vier falsch-negativen HIV-Testergebnissen durch einen ihrer Tests. Die Meldungen kamen aus Großbritannien, Frankreich und Spanien. Am folgenden Tag konnte die Firma dem Institut die bisherigen Resultate ihrer eigenen Nachuntersuchungen vorlegen, erste Erklärungsansätze und mögliche Konsequenzen für die Bundesrepublik wurden diskutiert. Ein überraschendes Phänomen stellt die Tatsache dar, daß der Test in der Lage ist, dann die von ihm falsch-negativ befundenen Proben richtig, nämlich HIV-positiv, zu erkennen, wenn sie verdünnt worden waren.

Unmittelbar nach Bekanntwerden dieser Tatsachen ordnete das Paul-Ehrlich-Institut das Ruhen der Zulassung für diesen Test an. Der Test gehört zur sogenannten dritten Generation, die in der Lage ist, früher als andere Testsysteme eine HIV-Infektion nachzuweisen. Das Institut ordnete bewußt keinen Rückruf der Chargen an, die sich noch im Umlauf befanden. Auch bei Maßnahmen wie dem "Ruhen der Zulassung" muß die Versorgung weiterhin gewährleistet sein. Einige Einrichtungen hatten bisher nur mit dem IMx-System gearbeitet und mußten nun auf ein anderes System umstellen. Um den betroffenen Einrichtungen diese Umstellung zu ermöglichen, sollten die vorhandenen Tests für eine kurze Übergangszeit noch weiter benutzt werden dürfen. Bedingung dafür war allerdings, daß die einzelnen Proben sowohl unverdünnt als auch in einer 1:4-Verdünnung getestet werden. Alle Abnehmer wurden von diesen Maßnahmen und Empfehlungen direkt informiert.

In Ausübung seiner Koordinierungsaufgabe hat das Paul-Ehrlich-Institut am Montag, dem 1. April 1996, die weitergehenden Maßnahmen mit den Ländervertretern abgestimmt. Dabei wurde von Seiten des Paul-Ehrlich-Instituts deutlich gemacht, daß ein Nachtesten dann nicht notwendig ist, wenn der betroffene Test, wie auch geschehen, im Blutspendewesen als Zweittest eingesetzt wurde. Ein Zweittest dient zur Bestätigung eines HIV-positiven Ergebnisses. Nach den Regeln des "Arbeitskreises Blut" am Bundesministerium für Gesundheit wäre selbst bei einem falsch-negativen Zweittest eine Spende nicht verabreicht worden. Weitere Untersuchungen hätten dann aufgenommen werden müssen. Alle Bundesländer informierten daraufhin die Blutspendeeinrichtungen wie auch die Bevölkerung (teils über Pressemitteilungen, teils durch Anschreiben an die Gesundheitsämter und die betroffenen Laboratorien) über die Notwendigkeit von Nachtestungen. Vom Paul-Ehrlich-Institut erging an die betroffenen Blutspendeeinrichtungen auch die formale Auflage, nur Spenden abzugeben, die mit einem anderen Test als dem IMx-Test untersucht worden waren. Diese Maßnahme war für die Leiter der Blutspendeeinrichtungen in Übereinstimmung mit ihrer ärztlichen Verantwortung eine Selbstverständlichkeit.

Die Nachtestungen wurden aufgenommen und sind insbesondere im Blutspendewesen weit fortgeschritten. Über die endgültigen Ergebnisse wird nach Abschuß der Untersuchungen berichtet.

Pressekontakt:
Paul-Ehrlich-Institut
Pressestelle
Dr. Susanne Stöcker, Dörte Ruhaltinger
Paul-Ehrlich-Straße 51-59
63225 Langen
GERMANY
Telefon: +49 6103 77 1030
Telefax: +49 6103 77 1262
E-Mail: Presse@pei.de

Aktualisiert: 17.04.1996