Paul-Ehrlich-Institut

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Europäischer Ringversuch – Tierversuchs-Ersatzmethode zur Sicherheitsprüfung von Tetanusimpfstoffen

03 / 2016

Eine vom Paul-Ehrlich-Institut entwickelte In-vitro-Methode für die Sicherheitstestung von Tetanusimpfstoffen startet in eine wichtige Phase auf dem Weg, dauerhaft Tierversuche für diese Impfstoffprüfung überflüssig zu machen. In dieser Woche verschickt das European Directorate for the Quality of Medicines & Health Care (EDQM) Materialien an Kontrolllabore und Impfstoffhersteller in insgesamt 14 Ländern, um diese In-vitro-Methode in einem europäischen Ringversuch zu überprüfen. Nach erfolgreichem Ringversuch könnte der Test in das Europäische Arzneibuch aufgenommen werden und den bisher gesetzlich vorgeschriebenen Tierversuch ersetzen.

3R-Tetanustoxin-Testung im Labor Quelle: PEI

Impfstoffe für Mensch und Tier müssen wirksam und sicher sein. Im Europäischen Arzneibuch ist festgeschrieben, auf welche Weise Impfstoffe experimentell, d.h. mit Labormethoden und Tierversuchen zu prüfen sind. Nach wie vor sind für viele experimentelle Prüfungen Tierversuche vorgeschrieben – so auch für die Sicherheits­prüfung (Toxizitätsprüfung) von Tetanusimpf­stoffen. Für diese Impfstoffe wird aus dem Toxin des Bakteriums Clostridium tetani durch chemische Inaktivierung ein ungefährliches Toxoid hergestellt, das als Impfstoff verabreicht wird und die Immunantwort auslöst. Dabei muss sicher­gestellt sein, dass im Impfstoff selbst kein aktives Tetanus-Neurotoxin mehr vorhanden ist. Die derzeit vorgeschriebene Toxizitätsprüfung wird in Meerschweinchen durchgeführt. Sind die Toxoide nicht ausreichend inaktiviert, so erkranken die Versuchstiere an Tetanus.

Forscherinnen des Paul-Ehrlich-Instituts haben einen als "BINACLE" (BINding And CLEavage) bezeichneten Assay entwickelt, der in einem kombinierten Testsystem gleich zwei charakteristische Eigenschaften des Toxins untersucht, die auch für seine Giftwirkung verantwortlich sind: Die Fähigkeit des Toxins zur Bindung an spezifische Rezeptormoleküle auf Nervenzellen sowie die Fähigkeit zur Spaltung eines Substratproteins im Inneren der Nervenzelle. Für die Entwicklung dieses Testsystems, das auf Tierversuche gänzlich verzichtet, wurde die Forschergruppe im Jahr 2010 mit dem Deutschen Tierschutzforschungspreis ausgezeichnet.

Inzwischen konnte die Arbeitsgruppe zeigen, dass die Methode für verschiedene zugelassene Tetanusimpfstoffe anwendbar ist und die Nachweisgrenze für das Neurotoxin der geschätzten Nachweisgrenze des Tierversuchs entspricht [1]. Zudem wurde die Übertragbarkeit des Testsystems in einer internationalen Studie durch Anwendung der BINACLE-Methode in verschiedenen Laboren nachgewiesen [2]. Bevor jedoch eine neue Testmethode in das Europäische Arzneibuch aufgenommen werden kann und damit verbindlich wird, muss sie sich in einem europäischen Ringversuch bewähren. Dabei wenden verschiedene Prüflaboratorien – OMCLs (Official Medicines Control Laboratories), nationale Kontrollbehörden verschiedener europäischer und außereuropäischer Länder, sowie Impfstoffhersteller – die neue Methode auf standardisierte Proben an und ermitteln die Zuverlässigkeit der Methode. Wenn auch der Ringversuch erfolgreich verlaufen sollte, wäre eine wichtige Hürde auf dem Weg genommen, einen neuen tierversuchsfreien Test in das Europäische Arzneibuch aufzunehmen. Der Startschuss für die Durchführung dieser Studie ist nun mit dem Versand der Reagenzien zur Durchführung des Tests an die Studienteilnehmer gefallen.

Organisation und Finanzierung des Ringversuchs erfolgen durch das EDQM. Projektleiterinnen im Paul-Ehrlich-Institut sind Dr. Heike Behrensdorf-Nicol und Dr. Beate Krämer, Abteilung Veterinärmedizin, die an der Konzipierung des Ringversuchs maßgeblich beteiligt waren. Sie zeichnen zudem verantwortlich für die Erstellung eines detaillierten Testprotokolls, die Testung der Probematerialien im Vorfeld der Studie und die Bereitstellung spezifischer Materialien für die Studie.

Die Methodenentwicklung wurde vom BMBF und den Stiftungen SET, Animalfree Research und Doerenkamp-Zbinden-Stiftung gefördert.

Publikationen der Arbeitsgruppe zu dem Thema:

  1. Behrensdorf-Nicol HA, Bonifas U, Hanschmann KM, Krämer B, Weißer K (2013): Binding and cleavage (BINACLE) assay for the functional in vitro detection of tetanus toxin: Applicability as alternative method for the safety testing of tetanus toxoids during vaccine production.
    Vaccine 31: 6247-6253.
    Online-Abstract

  2. Behrensdorf-Nicol A, Bonifas U, Isbrucker R, Ottiger H, Tierney R, Hanschmann KM, Weisser K, Krämer B (2014): Results of an international transferability study of the BINACLE (binding and cleavage) assay for in vitro detection of tetanus toxicity.
    Biologicals 42: 199-204.
    Online-Abstract

  3. Behrensdorf-Nicol HA, Bonifas U, Kegel B, Silberbach K, Krämer B, Weisser K (2010): In vitro determination of tetanus toxicity by an endopeptidase assay linked to a ganglioside-binding step.
    Toxicol In Vitro 24: 988-94.
    Online-Abstract

  4. Behrensdorf-Nicol HA, Kegel B, Bonifas U, Silberbach K, Klimek J, Weißer K, Krämer B (2008): Residual enzymatic activity of the tetanus toxin light chain present in tetanus toxoid batches used for vaccine production.
    Vaccine 26: 3835-3841.
    Online-Abstract

  5. Kegel B, Behrensdorf-Nicol HA, Bonifas U, Silberbach K, Klimek J, Krämer B, Weißer K (2007): An in vitro assay for detection of tetanus neurotoxin activity: Using antibodies for recognizing the proteolytically generated cleavage product.
    Toxicol in Vitro 21: 1641-1649.
    Online-Abstract

Pressekontakt:
Paul-Ehrlich-Institut
Pressestelle
Dr. Susanne Stöcker, Dr. Corinna Volz-Zang, Brigitte Morgenroth
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Das Paul-Ehrlich-Institut in Langen bei Frankfurt am Main ist als Bundesinstitut für Impfstoffe und biomedizinische Arzneimittel eine Bundesoberbehörde im Geschäfts­bereich des Bundesministeriums für Gesundheit (BMG). Es erforscht, bewertet und lässt bio­medizinische Human-Arzneimittel und immunologische Tierarzneimittel zu und ist für die Genehmigung klinischer Prüfungen sowie die Pharmakovigilanz – Erfassung und Bewertung möglicher Nebenwirkungen – zuständig.

Die staatliche Chargenprüfung, wissenschaftliche Beratung/Scientific Advice und Inspektionen gehören zu den weiteren Aufgaben des Instituts. Unverzichtbare Basis für die vielseitigen Aufgaben ist die eigene experimentelle Forschung auf dem Gebiet der Biomedizin und der Lebenswissenschaften.

Das Paul-Ehrlich-Institut mit seinen rund 800 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern nimmt zudem Beratungsfunktionen im nationalen (Bundesregierung, Länder) und inter­nationalen Umfeld (Weltgesundheitsorganisation, Europäische Arzneimittel­behörde, Europäische Kommission, Europarat und andere) wahr.

Aktualisiert: 10.02.2016