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Gegenseitige Anerkennung der Zulassungen – Blaupause für besseren Zugang zu Arzneimitteln weltweit?

12 / 2019

Das europäische Netzwerk der Arzneimittelregulatoren (European Medicines Regulatory Network, EMRN) ist weltweit als einzigartige Plattform der Arbeitsteilung und Zusammenarbeit bei regulatorischen Aktivitäten im Bereich der Arzneimittel anerkannt. Regulatoren aus dem Paul-Ehrlich-Institut (PEI) und der kroatischen Zulassungsbehörde haben die Herausforderungen analysiert, die mit der Einbindung nationaler Zulassungsbehörden in ein solches Netzwerk verbunden sind. Sie untersuchten, inwieweit das europäische Netzwerk als Blaupause dienen könnte, um weltweit für eine bessere Versorgung mit Arzneimittel zu sorgen (Regul Toxicol Pharmacol, Online-Ausgabe 06.05.2019).

Der Zugang zu qualitativ hochwertigen und sicheren Arzneimitteln bleibt für viele Regionen der Welt eine große Herausforderung. Die Harmonisierung regulatorischer Prozesse ist ein wirksames Mittel, um den Zugang der Patientinnen und Patienten zu wichtigen Arzneimitteln zu beschleunigen. Mit der Entwicklung des Binnenmarktes im Europäischen Wirtschaftsraum (EWR) hat sich das regulatorische System für Arzneimittel in Europa zu einem solchen effektiven Instrument entwickelt.

Was sind die wesentlichen Herausforderungen auf dem Weg, einem solchen komplexen Netzwerk als nationale Behörde beizutreten? Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler des PEI, Bundesinstitut für Impfstoffe und biomedizinische Arzneimittel, sowie der kroatischen Zulassungsagentur (Agency for Medicinal Products and Medical Devices of Croatia) haben am Beispiel des EU-Beitritts von Kroatien, jüngstes Mitglied in der EU, die spezifischen Herausforderungen analysiert, die mit dem Eintritt nationaler Zulassungsbehörden in ein solches Netzwerk verbunden sind. Das Bundesministerium für Gesundheit (BMG) sowie das Global Health Protection Programme (GHPP) des BMG. förderten diese Arbeit.

Der Fokus der Analyse der Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler lag dabei auf Verfahren der gegenseitigen Anerkennung (MRP, mutual recognition procedure) und dezentralen Verfahren (DCP, decentralised procedure). Diese Verfahrensarten wurden aus eigenständigen Rechtssystemen heraus entwickelt und sind leichter auf andere Regionen der Welt übertragbar als das zentrale Verfahren, das einen gemeinsamen rechtlichen Rahmen voraussetzt. Die Harmonisierung gesetzlicher Bestimmungen, Verfahrensweisen und Vereinbarungen bis hin zu Details wie die Kennzeichnung der Produkte war ein langwieriger und aufwendiger Prozess, der zu dem komplexen Regulationssystem geführt hat, das heute die harmonisierte Zulassung von Arzneimitteln im Europäischen Wirtschaftsraum (EWR) im Rahmen der europäischen Zulassungsverfahren (zentralisiertes Verfahren, MRP, DCP) erlaubt.

Zahlen machen die Bedeutung eines solchen regulatorischen Netzwerkes deutlich: In den ersten vier Jahren der EU-Mitgliedschaft Kroatiens wurden durchschnittlich 88 Prozent aller jährlich neu zugelassenen Arzneimittel über eines der Verfahren im Netzwerk wie das Verfahren der gegenseitigen Anerkennung, das dezentralisierte Zulassungsverfahren oder das zentralisierte Zulassungsverfahren ausgesprochen.

Könnte dieses regulatorische System als Blaupause für andere Länder und Regionen in der Welt dienen, um den Zugang zu sicheren und wirksamen Arzneimitteln zu beschleunigen? Diese Frage ist aus Sicht der Autorinnen und Autoren nicht eindeutig zu beantworten. "Um erfolgreich zusammenzuarbeiten, braucht es Vertrauen und um dieses Vertrauen aufzubauen, braucht es klare Regeln und Strukturen. Sie fördern die notwendige Transparenz und regeln den vertraulichen Austausch von Informationen", erläutert Dr. Christoph Conrad, Leiter des Moduls VaccTrain (regulatorische Schulung und Beratung im Bereich Impfstoffe und biomedizinische Therapeutika) im GHPP des Paul-Ehrlich-Instituts.

Der Erfolg des komplexen europäischen Models basiert auf der Entwicklung des europäischen Binnenmarktes. Hierfür war es notwendig, die rechtlichen Rahmenbedingungen anzugleichen. Mit der europäischen Arzneimittelregulation wurden zudem Strukturen geschaffen, die helfen, die verschiedenen Verfahren und die notwendigen Informationen im Netzwerk zu koordinieren. In Europa sind diese Strukturen beinahe selbstverständlich geworden, aber von außen betrachtet sind sie schwer zu durchschauen. Auch bei weniger günstigen Voraussetzungen lassen sich jedoch Rahmenbedingungen definieren, die notwendig sind, um erfolgreich zusammenzuarbeiten. Die im Laufe der Jahrzehnte angesammelte Erfahrung und das Wissen um die Fallstricke auf dem Weg zu einem funktionierenden regulatorischen Netzwerk sind eine wertvolle Informationsquelle beim Aufbau solcher regulatorischen Verbände, die idealerweise die vorhandenen regulatorischen Kapazitäten nutzen und die administrative Komplexität so gering wie möglich halten.

Das PEI engagiert sich im Rahmen des "Global Health Protection Programme" des Bundesministeriums für Gesundheit. Das Ziel ist es, nationale Gesundheitssysteme in Afrika zu stärken und die Umsetzung internationaler Gesundheitsvorschriften zu fördern.

Weitere Informationen

www.pei.de/ghpp

Originalpublikation

Škrnjug I, Uzeirbegović S, Romčević ML, Tomić S, Meyer H, Conrad C (2019): Mutual recognition in the European system: A blueprint for increasing access to medicines?.
Regul Toxicol Pharmacol 106: 270-277.
Text

Kontakt:
Paul-Ehrlich-Institut
Pressestelle
Telefon: +49 6103 77 1030
E-Mail: Presse@pei.de

Aktualisiert: 24.05.2019