Paul-Ehrlich-Institut

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Die Hepatitis-C-Virus Infektion beeinflusst Aktivität und Ausbreitung mobiler genetischer Elemente in Leberkrebszellen

08 / 2021

Unser Genom trägt mobile genetische Elemente, sogenannte LINE-1 (L1)-Retrotransposons, die sich auf den Chromosomen ausbreiten. Solche L1-Neuinsertionen können zur Entstehung von Leberkrebs beitragen, der häufig durch chronische Infektionen durch das Hepatitis-B- (HBV) oder Hepatitis-C-Virus (HCV) hervorgerufen wird. Wie Forscherinnen und Forscher der Universität Marburg und des Paul-Ehrlich-Instituts zeigen konnten, steigert HCV die Genexpression endogener L1-Elemente in Leberkrebszellen. HCV bindet an L1-Proteine und transportiert sie in Regionen in der Zelle, wo HCV-Partikel zusammengefügt werden. Über die Ergebnisse berichtet PLOS Pathogens in seiner Online-Ausgabe vom 19.04.2021.

Hepatitis C Virus (Quelle: Kateryna Kon/Shutterstock.com)

Circa 35 Prozent des menschlichen Genoms umfassen Sequenzen, die durch die Ausbreitung sogenannter Retrotransposons entstanden sind. Die hierfür notwendige Proteinmaschinerie wird von ca. 80-150 Kopien autonomer Retrotransposons kodiert, die zur Klasse der Long Interspersed Nuclear Elements 1 (LINE-1, L1) gehören. Sie decken etwa 17 Prozent des Genoms ab. Es ist bekannt, dass die Mobilisierung dieser L1-Elemente die genomische Integrität – die Unversehrtheit des Genoms – durch die Generierung von Insertionsmutationen beschädigen kann. Dies kann zur Entstehung von Krebserkrankungen führen. Aktivität und Ausbreitung von L1 im Genom wird durch eine Vielzahl zellulärer Kontrollmechanismen reguliert, zu denen beispielsweise die Methylierung bestimmter Nukleotidsequenzen der L1-Elemente gehört.

Bisher wurden mögliche Wechselwirkungen zwischen Virus und endogener L1-Aktivität in infizierten menschlichen Zellen und deren Konsequenzen für die Vervielfältigung von Virus und Retrotransposon kaum untersucht.

Prof. Gerald G. Schumann, Abteilung Medizinische Biotechnologie des Paul-Ehrlich-Instituts, hat sich im Rahmen einer Kooperation mit Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern der Universitätsklinik Marburg mit den Interaktionen zwischen L1-Elementen und dem Hepatitis-C-Virus (HCV) befasst. Die Gruppe wies nach, dass eine HCV-Infektion von Leberzellen in der Zellkultur die Expression genomischer L1-Elemente, d.h. das Ablesen der genetischen Information und Bildung der entsprechenden Proteine, signifikant steigert. Die resultierenden L1-Proteine wurden über eine Interaktion mit HCV-Proteinen innerhalb der Zelle an diejenigen Orte umverteilt, die als Zentren des Zusammenbaus der HCV-Partikel gelten und als Lipid-Droplets bezeichnet werden. Überraschenderweise zeigte sich, dass die HCV-Infektion zu einer Hemmung der Ausbreitung von L1-Elementen führt. Gleichzeitig wurde eine Zunahme der Anzahl an im Zellinneren befindlichen Stressgranula beobachtet, die L1-Proteine einschließen. Die so 'verschlossenen' L1-Proteine stehen somit für die Ausbreitung von L1-Elementen nicht mehr zur Verfügung und erklären daher die beobachtete Hemmung der L1-Mobilisierung.

Diese Untersuchungen liefern erste Einblicke in das molekulare Zusammenspiel von endogenen mobilen transponierbaren Elementen und exogenen Viren, die im Falle des Leberzellkarzinoms nachweislich an dem Fortschreiten von Krankheitsprozessen beteiligt sein können.

Originalpublikation

Schöbel A, Nguyen-Dinh V, Schumann GG, Herker E (2021): Hepatitis C virus infection restricts human LINE-1 retrotransposition in hepatoma cells.
PLoS Pathog 17: e1009496.
Text

Aktualisiert: 30.04.2021