Paul-Ehrlich-Institut

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Grippeviren im Vergleich: Warum manche Influenza-Erreger gefährlicher sind als andere

08 / 2025

  • Schwere Verläufe bei Influenza-Infektionen sind oft von einer überschießenden Immunantwort begleitet. Eine Gruppe von Botenstoffen, die Typ-I-Interferone, spielt dabei eine Schlüsselrolle.
  • Forschende des Paul-Ehrlich-Instituts untersuchten elf verschiedene Influenza-A-Virusstämme, darunter saisonale und hochpathogene Vogelgrippeviren (z. B. H5N1).
  • Bestimmte Immunzellen, sogenannte myeloide dendritische Zellen und Makrophagen, reagierten vor allem auf hochpathogene Viren mit starker Interferon-Produktion.
  • Die Ergebnisse helfen zu verstehen, warum manche Virusvarianten schwerere Erkrankungen verursachen als andere – ein wichtiger Schritt für Prävention und Impfstoffentwicklung.

Videozusammenfassung

Pressemitteilung

Schwere Infektionen mit Influenza-A-Viren sind durch eine überschießende Immunantwort, den sogenannten Zytokinsturm, geprägt. Bisher war unklar, warum manche Virusstämme diesen Sturm auslösen, andere jedoch nicht. Forschende des Paul-Ehrlich-Instituts untersuchten elf verschiedene Influenza-A-Virusstämme und deren Wirkung auf unterschiedliche menschliche Immunzellen. Die Ergebnisse zeigen, dass hochpathogene Vogelgrippeviren bestimmte Immunzellen infizieren und so zur Produktion von Typ-I-Interferon anregen. Dies könnte erklären, warum diese Viren besonders gefährlich sind. Über die Forschungsergebnisse berichtet Emerging Microbes & Infections in seiner Onlineausgabe vom 03.09.2025.

Influenza-Virus-Illustration Quelle: pinkeyes/Shutterstock

"Unsere Forschungsergebnisse zeigen, dass nicht nur die Immunzellen, die bisher immer im Fokus bei der Produktion von Typ-I-Interferon standen, sondern auch andere Zellen des Immunsystems ausschlaggebend dafür sein könnten, ob eine Influenza-Infektion eine überschießende Antwort des Immunsystems auslöst. Dieses Wissen ist wichtig, um das Risiko gefährlicher Virusvarianten besser einschätzen zu können", fasst Prof. (apl.) Zoe Waibler, Vizepräsidentin (komm.) des Paul-Ehrlich-Instituts, die Studie zusammen.

Grippeviren gehören weltweit zu den wichtigsten Erregern von Atemwegserkrankungen. Während die meisten Infektionen relativ mild verlaufen, können bestimmte Virusvarianten schwere Lungenentzündungen auslösen, die bis zum akuten Lungenversagen führen. Besonders gefährlich sind dabei hochpathogene Grippeviren, die häufig von Vögeln auf den Menschen überspringen und mit deutlich höheren Sterblichkeitsraten verbunden sind. Eine entscheidende Rolle spielt dabei das Immunsystem: Manche Virusstämme bringen den Körper dazu, übermäßig viele Botenstoffe – sogenannte Zytokine – auszuschütten. Kommt es zu solch einem Zytokinsturm, schädigt die Abwehrreaktion am Ende das eigene Gewebe stärker als das Virus selbst.

Warum aber lösen manche Grippeviren solch überschießende Reaktionen aus, während andere kaum schwere Verläufe verursachen? Um dies besser zu verstehen, hat ein Forschungsteam des Paul-Ehrlich-Instituts um Dr. Martina Anzaghe, Fachgebiet Forschung Immunologie, gemeinsam mit der Abteilung Virologie der Universitätsklinik Freiburg, elf verschiedene Influenza-A-Virusstämme – sowohl übliche saisonale Grippeviren als auch hochpathogene Vogelgrippeviren – untersucht. Sie prüften, wie die Grippeviren unterschiedliche Immunzellen infizieren und zur Ausschüttung von Botenstoffen anregen.

Ziel der Untersuchungen ist es, die Mechanismen hinter milden und schweren Krankheitsverläufen zu entschlüsseln und langfristig Ansätze für bessere Schutz- und Behandlungsmöglichkeiten zu entwickeln.

Schlüsselrolle bestimmter Immunzellen bei schweren Grippeverläufen

Bei den Untersuchungen zeigte sich, dass bestimmte Immunzellen, die sogenannten plasmazytoiden dendritischen Zellen, bei Grippeinfektionen große Mengen des wichtigen antiviralen Botenstoffs Interferon-α (IFN-α) produzieren – und zwar unabhängig vom Virusstamm. Das bedeutet, dass diese Immunzellen grundsätzlich stark auf Grippeviren reagieren, ohne dass das Virus sich in ihnen vermehren muss.

Warum verursachen dann nicht alle Viren dieselbe Schwere der Erkrankung? Das Forschungsteam fand heraus, dass andere Immunzellen, wie myeloide dendritische Zellen und verschiedene Arten von Makrophagen, bei Infektionen mit hochpathogenen Grippeviren infiziert werden und selbst große Mengen IFN-α herstellen können. Die Virusvermehrung in diesen Immunzellen scheint ein wichtiger Faktor für die Produktion von Typ-I-Interferon und die Entstehung einer überschießenden Immunantwort (Zytokinsturm) zu sein.

Diese Ergebnisse liefern damit einen Erklärungsansatz, warum manche Grippeviren so viel gefährlicher sein könnten als andere: Es ist vor allem ihre Fähigkeit, sich in bestimmten Immunzellen zu vermehren und dadurch eine extrem starke Immunreaktion auszulösen, die zu schweren Entzündungen und Gesundheitsschäden führt. Dieses Wissen kann helfen, gezielter Therapien zu entwickeln und Risikogruppen besser zu identifizieren.

Originalpublikation

Niles MA, Kronhart S, Decker KE, Gogesch P, Sawatsky B, Stock S, Kochs G, Waibler Z, Anzaghe M (2025): Influenza A virus induced interferon-alpha production by myeloid dendritic cells and macrophages requires productive infection.
Emerg Microbes Infect Sep 3 [Epub ahead of print].
Text

Aktualisiert: 09.09.2025