Paul-Ehrlich-Institut

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Imp­fun­gen ge­gen die Blau­zun­gen­krank­heit

Krankheit

Bei der Blauzungenkrankheit handelt es sich um eine von bestimmten Insekten (Gnitzen) übertragene Virusinfektion, an der vor allem Wiederkäuer (Schafe, Rinder, Ziegen und Wildwiederkäuer) erkranken. Eine direkte Übertragung von Tier zu Tier oder von Tier zu Mensch ist nicht möglich. Der Erreger der Blauzungenkrankheit ist für den Menschen nicht gefährlich. Fleisch und Milchprodukte infizierter oder geimpfter Tiere können daher ohne Bedenken konsumiert werden.

Je nach Tierart und Serotyp zeigt sich die Krankheit auf unterschiedliche Weise. So leitet sich der Name der Blauzungenerkrankung von den typischen Symptomen bei schwerem Krankheitsverlauf in Schafen ab. Nach einer Inkubationszeit von nur wenigen Tagen kommt es bei hohem Fieber zu Schwellungen der Kopfschleimhäute und entzündlichen Veränderungen der Mund- und Nasenschleimhäute sowie zu einer Blaufärbung der ebenso stark geschwollenen Zunge; diese Verfärbung wird allerdings nicht regelmäßig beobachtet. Schmerzhafte Entzündungsprozesse im Bereich der Klauen führen zu Lahmheiten. Rinder, Ziegen und Wildwiederkäuer erkranken nicht so häufig wie Schafe und in der Regel milder. Bei schwerer Verlaufsform zeigen sie ein ähnliches Krankheitsbild wie das Schaf.

Nähere Informationen dazu finden Sie auf den Internetseiten des Friedrich-Loeffler-Instituts.

In Europa tritt die Blauzungenkrankheit seit ein paar Jahren in einigen Mittelmeerländern auf. Das 2006 erstmals in den Benelux-Ländern nachgewiesene Virus vom Serotyp 8 ist für Europa neu. Es breitet sich schnell in Mitteleuropa aus. Aufgrund des sehr hohen wirtschaftlichen Schadens, den die Blauzungenkrankheit im Jahr 2007 in Europa für Halter von Rindern, Schafen und anderen Wiederkäuern verursacht hat, hat die Europäische Union (EU) beschlossen, bei der Bekämpfung der Seuche auf flächendeckende Impfungen zu setzen. Damit die Bekämpfung erfolgreich sein kann, müssten mindestens 80% aller empfänglichen Tiere geimpft werden.

Um dieses Ziel zu erreichen, müssen alle Halter von Rindern, Schafen und Ziegen ihre Tiere impfen lassen:
Verordnung zur Durchführung gemeinschaftsrechtlicher Vorschriften über Maßnahmen zur Bekämpfung, Überwachung und Beobachtung der Blauzungenkrankheit (konsolidierte Fassung vom 02.05.2008).

Für diese größte Flächenimpfung seit der Bekämpfung der Maul- und Klauenseuche in den 70er und 80er Jahren wurden in Deutschland im Jahr 2008 über 20 Millionen Impfdosen beschafft. Im Februar 2009 hat die zweite Impfkampagne begonnen.


Impfstoffe

In der EU und damit auch in Deutschland steht derzeit noch kein Impfstoff gegen den Serotyp 8 des Erregers der Blauzungenkrankheit zur Verfügung, der nach der Tierimpfstoffverordnung oder entsprechenden europäischen Regelungen zugelassen wurde.

Unter der Federführung des Hessischen Ministeriums für Umwelt, ländlichen Raum und Verbraucherschutz (HMULV) wurde für alle Bundesländer ein europaweites Ausschreibungsverfahren zur Beschaffung von Impfstoffen durchgeführt, die gegen den Serotyp 8 des Erregers der Blauzungenkrankheit gerichtet sind.

Für die Impfkampagne 2008 wurden folgende Impfstoffe ausgewählt:

  • BTVPUR AlSap 8 der Firma Merial
  • Zulvac 8 Bovis der Firma Fort Dodge
  • Bluevac-8 der Firma CZ Veterinaria


Unschädlichkeit und Wirksamkeit dieser drei Impfstoffe wurden im Rahmen eines in Mecklenburg-Vorpommern durchgeführten und vom Friedrich-Loeffler-Institut wissenschaftlich begleiteten Impfversuches untersucht. Dabei haben die zur Verfügung stehenden Impfstoffe die Erwartungen erfüllt. Auch in der Schweiz wurde die Unschädlichkeit von BTV-8–Impfstoffen vorab in einem Feldversuch überprüft

Die Anwendung dieser Impfstoffe wurde über eine Eilverordnung des Bundesministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz (BMELV) ermöglicht.

In der aktuellen Impfkampagne 2009 wird zusätzlich der Impfstoff

  • Bovilis BTV8 der Firma Intervet

eingesetzt, der im Vorjahr in anderen Mitgliedsstaaten und in der Schweiz in großem Umfang eingesetzt wurde. Ferner wird in 2009 der Impfstoff Bluevac-8 (Fa. CZ-V) von der Firma Boehringer Ingelheim als Mitvertreiber unter gleicher Bezeichnung angeboten.

Die derzeit eingesetzten Impfstoffe gegen die Blauzungenkrankheit sind 'inaktivierte' Impfstoffe, die kein vermehrungsfähiges Virus enthalten. Um eine ausreichend gute Immunantwort im geimpften Tier zu erzielen, werden inaktivierte Impfstoffe durch Hilfsstoffe, sog. Adjuvanzien, verstärkt. Bei allen Impfstoffen wird eine seit langem bewährte Kombination von Aluminiumhydroxid und Saponin (Quil A) eingesetzt. Für die Impfstoffe ist keine Wartezeit festgelegt. Fleisch und Milchprodukte von geimpften Tieren sind, wie nach allen anderen Impfungen, unbedenklich für den menschlichen Verzehr.

Eine Impfstoffflasche für landwirtschaftliche Nutztiere enthält in der Regel mehr als eine Dosis des Impfstoffs. Das bedeutet, dass je nach Handelsform bis zu 100 Tiere aus einer Impfstoffflasche geimpft werden können. Um mögliches bakterielles Wachstum in dem Zeitraum zu vermeiden, der von dem Öffnen der Impfstoffflasche bis zur Verimpfung der letzten Dosis zwangsläufig vergeht, wird einem Impfstoff in der Regel ein Konservierungsmittel zugesetzt. Daher enthalten z. B. die Impfstoffe Zulvac 8 Bovis, und Bluevac-8 das Konservierungsmittel Thiomersal in einer Menge von 0,2 mg pro Dosis, wie es auch in zahlreichen anderen Impfstoffen für Rinder verwendet wird.

Zuständigkeit des Paul-Ehrlich-Instituts

Impfstoffzulassung

Das Paul-Ehrlich-Institut ist in Deutschland die Zulassungsstelle für alle Tierimpfstoffe, es sei denn, es sind Impfstoffe gegen exotische Tierseuchen.

Nachdem die vormals exotische Tierseuche Blauzungenkrankheit in Mitteleuropa endemisch zu werden droht, ist die Zuständigkeit für diese Impfstoffe in die Verantwortung des Paul-Ehrlich-Instituts übergegangen.

Nebenwirkungsmeldungen

Das Paul-Ehrlich-Institut erfasst zentral Meldungen zu unerwünschten Arzneimittelwirkungen und bewertet diese (Pharmakovigilanz). Dies gilt auch für Meldungen im Zusammenhang mit den aktuell durchgeführten Impfungen gegen die Blauzungenkrankheit. Ziel der Bewertung ist es, das Nutzen-Risiko-Verhältnis bei sachgemäßer Anwendung der Impfstoffe zu analysieren.

Schäden, die nicht durch den Impfstoff selbst, sondern durch Begleitumstände (z.B. das Zusammentreiben der Tiere), den Impfakt selbst (z.B. Abwehrbewegungen) oder Nichtbeachtung der Gebrauchsinformation entstehen, werden nicht in die Auswertungen einbezogen, auch wenn in einigen dieser Fälle ein Entschädigungsanspruch bei der Tierseuchenkasse in Frage kommen könnte.

Darüber hinaus erfasst das Pharmakovigilanzsystem auch:

  • Verdachtsfälle unerwünschter Wirkungen beim Menschen (z.B. versehentliche Selbstinjektion)
  • den Verdacht auf mangelhafte Wirksamkeit von Impfstoffen
  • den Verdacht auf umweltschädliche Wirkungen
  • unerwünschte Wirkungen bei nicht-sachgemäßem Umgang oder Umwidmung ('Off-Label-Use')

Meldungen können, wie bei allen Impfstoffen, dem Paul-Ehrlich-Institut direkt mitgeteilt werden (vetmittelsicherheit@pei.de). Dies kann elektronisch oder mittels Meldeformular erfolgen.

Stand der Nebenwirkungsmeldungen

Stand der Nebenwirkungsmeldungen in Deutschland

Eine erste Analyse und Bewertung der gemeldeten Reaktionen während der Impfkampagne zur Bekämpfung der Blauzungenkrankheit wurde zum Stichtag 15. Dezember 2008 vorgenommen und veröffentlicht.

Das Land Hessen hat dem Paul-Ehrlich-Institut kontinuierlich alle Meldungen übermittelt. Eine detaillierte Auswertung der Pharmakovigilanzberichte zur Impfkampagne 2008 in diesem Bundesland liegt bereits vor.

Am häufigsten wird über Aborte und andere Reproduktionsstörungen beim Rind nach der Impfung gegen die Blauzungenkrankheit berichtet. Für diese Zwischenfälle gibt es neben der Impfung noch zahlreiche andere mögliche Ursachen, so dass ein gesicherter Zusammenhang zur Impfung nur selten zu belegen ist.

Abortursachen beim Rind und ihre Häufigkeiten

UrsacheVorkommen%
Genetisch (Chromosomendefekte)oft30 - 60
Infektionenoft30 - 60
Subfertilitätselten10
Mehrlingeselten5 - 10
Fütterungselten5
Fieberselten5
Zervixinsuffizienzsehr selten?
Plazentablutungsehr selten?
Vakzinationensehr selten?
Operationen, Streßsehr selten?
Besamung von bereits tragenden Tierensehr selten?

Quelle: de Kruif et al., Tierärztliche Bestandsbetreuung beim Milchrind, Enke Verlag, Stuttgart, 1988

Stand der Nebenwirkungsmeldungen in der Europäischen Union

Der Ausschuss für Veterinärarzneimittel ( CVMP, Committee for Medicinal Products for Veterinary Use) der EMEA hat die durch die Mitgliedstaaten zur Verfügung gestellten Daten zur Unschädlichkeit der Impfstoffe gegen die Blauzungenkrankheit bewertet, die im Jahr 2008 im Rahmen der durch die EU genehmigten Impfkampagnen zur Immunisierung von Schafen und Rindern erhoben wurden. Insgesamt war die Häufigkeit der unerwünschten Impfreaktionen sehr gering (< 1:10.000), und die Ergebnisse lassen den weiteren Einsatz der inaktivierten Impfstoffe gegen die Blauzungenkrankheit im Impfprogramm für das Jahr 2009 empfehlenswert erscheinen.

Entschädigungen

Für die eventuelle Entschädigung von Tierhaltern im Zusammenhang mit der Impfung gegen die Blauzungenkrankheit nach § 66 Nr. 4 Tierseuchengesetz sind die Tierseuchenkassen der Länder zuständig. Ferner gibt es bei einigen Tierseuchenkassen Beihilferegelungen bei auftretenden Aborten, die allerdings von Bundesland zu Bundesland unterschiedlich sind. In der Regel müssen die zuständigen Veterinärbeamte bescheinigen, ob ein Zusammenhang zur Impfung anzunehmen ist. Weitere Informationen zum Problemkreis Pharmakovigilanzmeldungen und Entschädigungsregelungen sind hier erhältlich.

Eine Meldung im Rahmen der Pharmakovigilanz an das Paul-Ehrlich-Institut ist unabhängig von der Antragstellung auf eine Entschädigung oder Beihilfe.

Weitere Informationen

Aktualisiert: 17.03.2009