Paul-Ehrlich-Institut

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Ab­wehr von Arz­nei­mit­tel­ri­si­ken Ver­min­de­rung des Ri­si­kos von He­pa­ti­tis C Vi­rus - Kon­ta­mi­na­tio­nen in Throm­bo­zy­ten­kon­zen­tra­ten (vom 05. Ju­ni 1998)

Sie finden diese Bekanntmachung im Original im Bundesanzeiger Nr.114 vom 25. Juni 1998, S. 8775

Nach schriftlicher Anhörung im Stufenplanverfahren Stufe II vom 25.02.1998, veröffentlicht im Bundesanzeiger Nr. 53 am 18.03.1998 ergeht an die pharmazeutischen Unternehmer, die zulassungspflichtige Thrombozytenkonzentrate in den Verkehr bringen, folgender

Bescheid

  1. Mit Wirkung vom 01.04.1999 dürfen nur noch Thrombozytenkonzentrate in den Verkehr gebracht werden, die ausschließlich unter Verwendung von Blutspenden hergestellt wurden, bei denen eine Testung mit einer geeigneten Nukleinsäure-Amplifikationstechnik (NAT), z.B. einer Polymerase-Ketten-Reaktion (PCR), ein negatives Ergebnis für den Nachweis von Hepatitis C Virus (HCV)-Genomen erbracht hat. Die verwendete Methode muß so ausgelegt sein, daß zumindest eine HCV-RNA-Konzentration von 5000 IU / ml, bezogen auf die Einzelblutspende, verläßlich erkannt wird (Referenzpräparat: WHO-Standard HCV-RNA; 105 IU / ml).
  2. Für mittels Thrombapherese gezielt für einen bestimmten Patienten hergestellte Thrombozytenkonzentrate muß das Ergebnis der Testung nicht abgewartet werden, sofern die sofortige Abgabe an diesen Patienten zwingend erforderlich ist.
  3. Die NAT-Methode muß grundsätzlich nach den CPMP-Leitfäden "Note for Guidance on Validation of Analytical Procedures: Methodology" (CPMP/ICH/281/95) und "Note for Guidance on Validation of Analytical Methods: Definitions and Terminology" (CPMP/ICH/ 381/95) validiert worden sein. Abweichungen sind zu begründen.Die Unterlagen über die Validierung der NAT sowie über die zur Qualitätssicherung vorgesehenen Maßnahmen sind dem Paul-Ehrlich-Institut spätestens bis zum 01.01.99 vorzulegen.
  4. Die Kosten werden gesondert festgesetzt.

Begründung:

Die Auflagen werden nach § 28 Abs. 3c AMG angeordnet. Sie sind geboten, um das Risiko der Übertragung von Hepatitis C-Viren (HCV) durch Thrombozytenkonzentrate weiter zu vermindern.

1.

Das Risiko der Übertragung von Hepatitis C-Viren (HCV) durch zelluläre Blutprodukte wird in einer Reihe von Studien erkennbar.

Die Aussonderung der Spenden von Personen, bei denen Antikörper gegen HCV nachgewiesen wurden, ist der derzeit wichtigste Schritt zur Verhinderung einer Übertragung von HCV durch zelluläre Blutprodukte. Nach wie vor geht jedoch ein Infektionsrisiko von solchen Spendern aus, die nach einer stattgefundenen Infektion noch keine im anti-HCV-Test nachweisbare Antikörperantwort entwickelt haben, sich also noch im sogenannten diagnostischen Fenster befinden. Innerhalb dieses Fensters beträgt die mit Hilfe von Nukleinsäureamplifikationstechniken nachweisbare virämische Phase bei HCV im Mittel 59 Tage (Schreiber et al., N.Engl.J.Med. 1996, 334: 1685-1690) und ist damit deutlich länger als bei anderen in der Transfusionsmedizin bedeutsamen Infektionen (Humanes Immundefizienzvirus (HIV): 12 Tage, Hepatitis B Virus (HBV): 25 Tage).

Die Zahl von HCV-Übertragungen durch zelluläre Blutprodukte kann auf der Basis epidemiologischer Daten unter Berücksichtigung der mittleren Dauer der virämischen Fensterphase geschätzt werden. Die in der Literatur genannten Inzidenzen von infektiösen Blutspenden in diesem diagnostischen Fenster schwanken dabei erheblich (Schreiber et al., N.Engl.J.Med. 1996, 334: 1685-1690. Dow et al., Vox Sang 1994, 67: 236-237, Sankary et al., Transfusion 1994, 34: 656-660, Frieling et al., Vox Sang 1995, 68: 55-56; Riggert et al., Ann Hematol 1996, 72: 35-39). Nach einer aktuellen Studie des Berufsverbandes der deutschen Transfusionsmediziner (vorgetragen auf der Sondersitzung am 25.09.1997) wird in Deutschland das Restrisiko einer transfusionsassoziierten HCV-Infektion je Blutspende auf 1 : 120.000 geschätzt. Dies würde bedeuten, daß in der Bundesrepublik Deutschland bei einer Spendenanzahl von ca. 4 Mill. pro Jahr ca. 33 seronegative Spenden HCV enthalten könnten.

Im Paul-Ehrlich-Institut mit Hilfe von NAT durchgeführte, umfangreiche Untersuchungen haben ergeben, daß bis zu 18 % der aus Europa stammenden, zur Fraktionierung vorgesehenen Plasmapools auch nach Einführung der serologischen Testung der Einzelspenden HCV-Genome enthalten, deren Gegenwart nur durch die Verwendung von Spenden aus der Fensterphase erklärt werden kann. Es ist davon auszugehen, daß die entsprechenden zellulären Präparate zur Transfusion freigegeben worden sind und möglicherweise zu Infektionen bei den Empfängern geführt haben. Mit der Annahme, daß eine einzige Spende aus dem diagnostischen Fenster zu einem positiven NAT-Ergebnis beim Pool führen kann, wird durch diese Untersuchung eine Größenordnung NAT-positiver, Antikörper-negativer Spenden von 1 : 50.000 - 1 : 100.000 bestätigt.

Für den Zeitraum von Januar 1990 bis November 1997 wurden dem Paul-Ehrlich-Institut im Rahmen der Spontanerfassung insgesamt 38 HCV-Infektionen bei Empfängern von Blutpräparaten mit positivem Ausgang des Look-back Verfahrens berichtet. Hinsichtlich der tatsächlichen Anzahl von HCV-Übertragungen ist jedoch, bedingt durch Ausheilung, die lange klinische Inkubationszeit und die damit verbundene schwierige Erkennung eines Zusammenhanges und durch die bekanntermaßen niedrige Melderate, mit einer hohen Dunkelziffer zu rechnen.

2.

Bei einer Hepatitis C handelt es sich um eine schwerwiegende Erkrankung. Die Hepatitis C-Infektion geht in ca. 70 % der Fälle in eine chronische Erkrankung über (H.J. Alter, Blood 1995, 65:1681-95). Die chronische Hepatitis C heilt nur selten spontan aus und verläuft meist langsam progredient. Nach 10 bis 20 Jahren entwickeln ca. 30 % der Infizierten eine Leberzirrhose und etwa 5 % ein hepatozelluläres Karzinom. Als Therapie kommt die langfristige Gabe von Interferon in Betracht, die aufwendig und mit nicht unbedeutenden Nebenwirkungen behaftet ist. Die Erfolgsrate ist vom Genotyp des jeweiligen Hepatitis C-Virus abhängig, sie wird mit ca. 20 - 50 % angegeben. Im Endstadium schwerer Lebererkrankungen ist eine Lebertransplantation zu erwägen. Die Schwere der Erkrankung macht daher die Einführung von Maßnahmen zur Verminderung des Risikos einer Hepatitis C-Übertragung durch zelluläre Blutprodukte erforderlich.

3.

Die Auflage ist geeignet, das Risiko einer HCV-Übertragung zu minimieren.

Es ist unbestritten Stand der wissenschaftlichen Erkenntnis, daß es mit Hilfe von Nukleinsäureamplifikationstechniken (NAT) grundsätzlich möglich ist, HCV-Infektionen deutlich früher als mit serologischen Verfahren zu erkennen und so HCV-Übertragungen zu verhindern.

Im Paul-Ehrlich-Institut durchgeführte Untersuchungen an Proben der Präserokonversionsphase (sogenannte Serokonversionspanels) haben gezeigt, daß HCV-Genome bis zu 50 Tage vor dem ersten erfolgreichen Antikörpernachweis mit Hilfe der NAT gefunden werden können. Die quantitative Auswertung belegt, daß die HCV-Genom-Konzentration innerhalb weniger Tage sehr rasch ansteigt und dann Werte von 100.000 Genomäquivalenten pro Milliliter Plasma regelmäßig überschritten werden.

Die in der Sondersitzung am 25.09.1997 dargestellten Ergebnisse zeigten, daß Blutspendedienste, die eine NAT-HCV-Testung bereits durchführen (drei DRK-Blutspendedienste und 4 Universitäten) in den Jahren 1996 und 1997 insgesamt elf Spender ausfindig machten, die bereits HCV-Virusträger waren, aber noch keine Antikörper gebildet hatten. Unter Berücksichtigung der Gesamtzahl untersuchter Spenden (1,4 Millionen) ergibt sich eine Prävalenz NAT-HCV positiver, seronegativer Spenden von ca. 1 : 120.000. Dies Ergebnis korreliert mit dem oben erwähnten Ergebnis der epidemiologischen Studie des Berufsverbandes der Transfusionsmediziner.

Die Eignung der NAT wird auch dadurch belegt, daß unter den 1997 dem Paul-Ehrlich-Institut gemeldeten, durch Transfusion zellulärer Blutkomponenten verursachten HCV-Übertragungen in fünf Fällen die zugehörige seronegative Spende nachträglich mit Hilfe der NAT untersucht werden konnte und dabei HCV-Genome nachgewiesen wurden.

Um jedoch das Ziel der Minimierung von HCV-Übertragungen durch zelluläre Blutprodukte zu erreichen, muß das eingesetzte NAT-Verfahren eine Mindestempfindlichkeit bezogen auf die Einzelspende aufweisen. Diese Empfindlichkeitsgrenze wird auf eine HCV-RNA-Konzentration von 5000 IU/ml festgelegt. Diese Grenze ist erforderlich, um, wie die weiter oben angeführten Untersuchungen an Proben aus der Präserokonversionsphase zeigen, die weit überwiegende Mehrzahl an NAT-positiven Proben zu erkennen.

Die Quantifizierung der HCV-Genommenge nimmt auf den WHO-Standard Bezug, der Ende Oktober 1997 vom Expert Committee on Biological Standardisation der WHO etabliert worden ist. Definitionsgemäß enthält er 105 IU / ml, wobei 1 IU zwei bis sechs Genomäquivalenten entspricht. Dieses allgemein zugängliche lyophilisierte Referenzpräparat ist für die Herstellung von Substandards geeignet.

Mit Bescheid vom 25.02.1998 wurde diese Maßnahme bereits für Erythrozytenkonzentrate angeordnet. Zum Zeitpunkt der Anhörung zu diesem Bescheid im März 1997 erschien eine Durchführbarkeit der Testung von Thrombozytenkonzentraten wegen des Mißverhältnisses zwischen Dauer der Testung und der Haltbarkeit dieser Produkte nicht möglich. Die auf der Sondersitzung am 25.09.1997 vorgetragenen Erfahrungen haben jedoch gezeigt, daß die NAT-Testung innerhalb eines Tages durchgeführt werden kann, so daß auch eine Testung für Thrombozytenkonzentrate zeitgerecht erfolgen kann. Sie ist im Hinblick auf die Vermeidung des Übertragungsrisikos auch notwendig.

4.

Die Maßnahme ist auch verhältnismäßig. Durch die Festlegung der Empfindlichkeitsgrenze und das dadurch gegebene Einräumen der Möglichkeit, Proben von Einzelspenden zusammenzuführen, wird dem gegenwärtigen Stand der Entwicklung im Bereich der NAT-Verfahren Rechnung getragen.

Erstrebenswert ist allerdings die Testung der Einzelspende. Für diesen Zweck stehen zwar prinzipiell kommerzielle Testsysteme zur Verfügung, diese sind jedoch ausschließlich für die klinische Diagnostik entwickelt und optimiert. Insbesondere auf Grund der arbeitsaufwendigen Schritte zur Isolierung der Nukleinsäuren und dem geringen Stand der Automatisierung sind sie derzeit nicht für einen täglichen Probendurchsatz geeignet, wie er im Blutspendewesen regelmäßig anfällt. In einer Übergangsphase ist es daher vertretbar, Proben von Einzelspenden für Nukleinsäureextraktion und Testung zusammenzuführen. Dann muß aber rigoros sichergestellt sein, daß auch unter diesen Bedingungen die auf die Einzelspende bezogene Empfindlichkeitsgrenze verläßlich eingehalten wird. Die derzeit erhältlichen Testsysteme sind, wenn sie nach den Vorschriften der Hersteller angewandt werden, nach Untersuchungen des Paul-Ehrlich-Instituts, wenn überhaupt, dann nur für die Testung einer aus wenigen Einzelproben bestehenden Sammelprobe geeignet.

Unter diesen Bedingungen sind Eigenentwicklungen, seien es Modifikationen der kommerziellen Systeme oder die Entwicklung eigener Testsysteme, für die meisten der betroffenen pharmazeutischen Unternehmer derzeit noch unumgänglich. Für die erste Hälfte des Jahres 1998 sind aber sowohl automatisierte Systeme für die Extraktion von Nukleinsäuren aus Serum oder Plasma als auch eine hinsichtlich seiner Sensitivität deutlich verbesserte Version des am häufigsten verwendeten kommerziellen HCV-NAT-Tests angekündigt worden. Die prinzipielle Eignung dieser Systeme für die Untersuchung zusammengeführter Proben von Plasmaspenden konnte am Paul-Ehrlich-Institut bereits nachvollzogen werden. Es sind also für die Untersuchung von zusammengeführten Proben im Blutspendewesen mittels HCV-NAT in naher Zukunft Testsysteme zu erwarten, die einen großen Teil der bislang erforderlichen Eigenentwicklungen ersetzen können.

Trotz dieser erschwerten Bedingungen ist bereits eine Reihe von Blutspendeeinrichtungen unterschiedlicher Größe und unterschiedlicher Organisationsformen, wie auf der Sondersitzung am 25.09.1997 vorgestellt, in der Lage, NAT-Verfahren zum Nachweis von HCV-Genomen routinemäßig durchzuführen. Die auf der Sondersitzung am 25.09.1997 vorgestellten Ergebnisse des von INSTAND e.V. organisierten Ringversuchs zeigten, daß bereits zahlreiche Laboratorien über ausreichend Erfahrung in der Durchführung von auf NAT beruhenden Nachweisverfahren verfügen. Bezüglich der HCV-Testung erzielten 94% der Teilnehmer ein qualitativ richtiges Ergebnis.

Die Einführung neuer Prüfverfahren bei der Herstellung von Arzneimitteln setzt eine angemessene Validierung voraus. Insbesondere bei Eigenentwicklungen sind hohe Anforderungen zu stellen. Die Durchführung der Validierung muß grundsätzlich den CPMP-Leitfäden "Note for Guidance on Validation of Analytical Procedures: Methodology" (CPMP/ICH/281/95) und "Note for Guidance on Validation of Analytical Methods: Definitions and Terminology" (CPMP/ICH/381/95) folgen, Abweichungen sind zu begründen. (Beide Leitfäden sind als Kopien vom Paul-Ehrlich-Institut erhältlich, können aber auch im Internet über die Homepage der Europäischen Arzneimittelagentur EMEA abgerufen werden.) Um sicherzustellen, daß die Mindestanforderungen erfüllt werden, ist es notwendig, daß die Unterlagen zur Validierung und zu den für die Qualitätssicherung vorgesehenen Maßnahmen dem Paul-Ehrlich-Institut zur Überprüfung und Bewertung vor der endgültigen Einführung der jeweiligen Verfahren vorgelegt werden. (Die Anforderungen des Paul-Ehrlich-Institus an Validierung bzw Routinebetrieb der HCV-NAT im Blutspendewesen sind über die Homepage des PEI abrufbar.)

Soweit einzelne Blutspendezentren nicht zur Eigenentwicklung einer auf NAT beruhenden Testung in der Lage sind, besteht grundsätzlich auch die Möglichkeit, die Proben in entsprechend leistungsfähigen Einrichtungen prüfen zu lassen.

Die Einwendungen einiger pharmazeutischer Unternehmer, daß die Einführung der NAT-PCR-Testung für Thrombozytenkonzentrate nicht möglich sei, da die Testung im Fremdlabor durchgeführt werde und daher das Ergebnis der Testung nicht in einem Tag zu erhalten sei, machen die Durchführbarkeit der Maßnahme auch für Thrombozytenkonzentrate nicht unmöglich. Die Behauptung, daß die Qualität der Thrombozytenkonzentrate durch eine Lagerung von 48 Stunden derart leide, daß das Risiko für den Patienten größer sei als das Risiko der Übertragung einer Hepatitis C-Infektion, ist wissenschaftlich nicht bewiesen. Untersuchungen im Paul-Ehrlich-Institut konnten nach zwei Tagen Lagerung keine erhebliche Minderung der Qualität der Thrombozytenkonzentrate zeigen. Bei der zugelassenen Haltbarkeit der Thrombozytenkonzentrate von fünf Tagen ist der Qualitätsverlust nach zwei Tagen Lagerung nicht schwerwiegender als das Risiko einer HCV-Infektion. Das Risiko der möglichen Infektion ist vielmehr immer noch höher einzuschätzen als ein möglicher minimaler Qualitätsverlust, so daß die NAT-PCR-Testung der Thrombozytenkonzentrate auch dann das geeignete Mittel ist, die Sicherheit dieser Arzneimittel zu erhöhen, wenn eine Lagerung von zwei Tagen erforderlich ist.

Im Hinblick auf den zu erwartenden Nutzen werden die betroffenen pharmazeutischen Unternehmer auch nicht mit unangemessen hohen Kosten belastet. Der „Arbeitskreis Blut" hat ausführlich über die Kosten einer Einführung der NAT-Testung auf HCV-Genom gesprochen. Auf Grund der dort vorgetragenen Berechnungen sind die sich voraussichtlich ergebenden Kosten vergleichbar mit denen, die bei anderen Interventionen im Gesundheitswesen anfallen.

Es ist auch keine Möglichkeit ersichtlich, die den pharmazeutischen Unternehmer weniger belastet als die Einführung eines HCV-NAT-Verfahrens, um den Zweck der Verminderung des Risikos von HCV-Kontaminationen in Thrombozytenkonzentraten zu erreichen. Generell besteht nur bei tiefgefrorenen Produkten die Möglichkeit einer Quarantänelagerung. Die Haltbarkeit von Thrombozytenkonzentraten beträgt in der Regel fünf Tage. Ein mögliches Infektionsrisiko kann daher nicht wie bei gefrorenem Frischplasma durch Quarantänelagerung mit einer nach sechs Monaten erfolgten Nachtestung des Spenders verringert werden. Auch stehen derzeit keine in der Praxis bereits anwendbaren Verfahren zur Verfügung, die kontaminierende Viren in ausreichendem Maße inaktivieren, ohne dabei die Thrombozyten selbst irreversibel zu schädigen.

Schließlich ist die angegebene Frist für die Einführung einer NAT-Testung auf HCV-Genome bis zum 01.04.1999 angemessen. Im Hinblick auf den weiter oben ausgeführten Stand der technischen Entwicklung benötigen die pharmazeutischen Unternehmer ausreichend Zeit, um ein geeignetes Verfahren auszuwählen, in den Herstellungsgang einzuführen und zu validieren. Dafür stehen jetzt noch sieben Monate zur Verfügung. Entgegen den Einwendungen einiger pharmazeutischer Unternehmer ist die Frist zur Umsetzung nicht zu kurz. Die Notwendigkeit der NAT-PCR-Testung wurde mindestens seit der Einleitung des Stufenplanverfahrens im März 1996 diskutiert. Daß deren Einführung auf Grund des Sicherheitsgewinnes für zelluläre Blutprodukte in absehbarer Zeit unumgänglich sein wird, mußte allen pharmazeutischen Unternehmern spätestens ab diesem Zeitpunkt bewußt und bekannt sein. Es hat sich inzwischen herausgestellt, daß die Testergebnisse so schnell vorliegen, daß die Maßnahme auch für Thrombozytenkonzentrate möglich ist. Dies wurde besonders auf der Sondersitzung am 25.09.1997 deutlich und war auch die Forderung vieler pharmazeutischer Unternehmer. Insofern ist die Frist zur Umsetzung bis zum 01.01.1999 angemessen. Die dann noch bis zum 01.04.1999 verbleibenden drei Monate werden für die Beurteilung durch das Paul-Ehrlich-Institut und gegebenenfalls für die Mängelbeseitigung benötigt.

Eine gesonderte Abwägung von Nutzen und Risiko ist allein für mittels Zellapherese hergestellte Thrombozytenkonzentrate erforderlich. Solche Konzentrate werden häufig gezielt für Patienten hergestellt, die wiederholt oder chronisch transfusionsbedürftig sind und bei denen auf Grund einer Immunisierung gegen Oberflächenantigene nur Thrombozyten von bestimmten Spendern verabreicht werden können. Eine Transfusion von unausgewählten gelagerten Thrombozyten ist daher bei solchen Patienten nicht möglich. Die von der Verträglichkeit der Oberflächenantigene her geeigneten Spender müssen gerade in Notfallsituationen rasch zur Verfügung stehen. Die gegenüber Erythrozyten- und Thrombozytenkonzentraten angeordnete mildere Maßnahme für die mittels Zellapherese hergestellten Thrombozytenkonzentrate ist wegen der Notwendigkeit der kurzfristigen Bereitstellung und des anderweitig nicht erreichbaren Nutzens für den Patienten gerechtfertigt, aber auch geboten. Auf die PCR-Testung kann nicht völlig verzichtet werden, da sie auch hier einen Sicherheitsgewinn durch Verkürzung der diagnostischen Fensterphase für die folgende(n) Spende(n) darstellt. In Einzelfällen erscheint es daher vertretbar, das Ergebnis der PCR-Testung nicht abzuwarten, wenn bei diesen Arzneimitteln die Abgabe an den Patienten zwingend erforderlich ist.

Rechtsbehelfsbelehrung:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb eines Monats nach Veröffentlichung im Bundesanzeiger Widerspruch erhoben werden. Der Widerspruch ist beim Paul-Ehrlich-Institut, Bundesamt für Sera und Impfstoffe, Paul-Ehrlich-Str. 51-59, 63225 Langen, schriftlich oder zur Niederschrift einzulegen.

Hinweis: Es wird darauf hingewiesen, daß nach § 28 Abs. 3c, Satz 4 AMG der Widerspruch keine aufschiebende Wirkung hat.

Priv. Doz. Dr. med. J. Löwer

Ständiger Vertreter des Präsidenten

Aktualisiert: 25.06.1998