Paul-Ehrlich-Institut

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Ver­bot der Ver­wen­dung des HPS CO­BAS Taq­Man HCV Test (Ro­che Dia­gno­stics GmbH, 68298 Mann­heim) bei der Her­stel­lung von zel­lu­lä­ren Blut­kom­po­nen­ten und ge­fro­re­nem Frisch­plas­ma (vom 11. Au­gust 2004)

Sie finden diese Bekanntmachung im Original im Bundesanzeiger Nr. 166 vom 03. September 2004, S. 19770

Nach schriftlicher Anhörung der betroffenen pharmazeutischen Unternehmer durch das Paul-Ehrlich-Institut mit Schreiben vom 02.08.2004 ergeht hiermit folgender

BESCHEID:

  1. Bei der Herstellung zellulärer Blutkomponenten und gefrorener Frischplasmen (nachfolgend einheitlich Blutkomponenten genannt) darf zur Prüfung der Belastung von Ausgangsspenden mit dem Hepatitis C Virus (HCV) mittels Nukleinsäureamplifikationstechnik (NAT) folgendes Testsystem ab sofort nicht mehr eingesetzt werden: COBAS TaqMan HCV 48 Tests P/N 03502341 190 der Firma Roche Diagnostics GmbH, Mannheim.

    Dies gilt nicht für Blutkomponenten, die bereits hergestellt, aber noch nicht in den Verkehr gebracht sind, sofern eine Nachuntersuchung an einer nachfolgenden Spende oder Blutprobe desselben Spenders oder an der Nachuntersuchungsprobe mit einer für das Blutspendescreening entsprechend dem Bescheid des Paul-Ehrlich-Instituts vom 25.02.1998 (BAnz Nr. 53 am 18.03.1998) geeigneten NAT vorgenommen worden ist und ein negatives Ergebnis zeigte.

  2. Kosten werden gesondert erhoben.

Begründung:

Die Auflage ist gem. § 28 Abs. 3c Nr. 1 Arzneimittelgesetz (AMG) zur Risikovorsorge geboten, da nicht auszuschließen ist, dass mit diesem Test bestimmte Hepatitis C Genome nicht erkannt werden.

Das Paul-Ehrlich-Institut wurde am 27.07.2004 durch das Institut für Virologie und Immunbiologie der Universität Würzburg über Daten informiert, die im Rahmen einer Vergleichsstudie zur Viruslastbestimmung von HCV-Patienten mit dem COBAS Amplicor HCV Test, v2.0 und dem COBAS TaqMan HCV Test erhoben wurden. Dabei wurde bei einigen Patientenproben mit den HCV-Genotypen 2, 3 und 4 die HCV-Konzentration mit dem COBAS TaqMan im Vergleich zu dem COBAS Amplicor Monitor deutlich niedriger gemessen. Nach den Daten aus Würzburg sind mit dem COBAS TaqMan 14 HCV-Patientenproben (Repräsentieren Genotypen 2, 3, und 4) um den Faktor >10 bis 50, drei Proben (Genotypen 2a/c, 3a und 4) um den Faktor >50 bis 100, eine Patientenprobe (Genotyp 2a/c) um den Faktor >100, und eine Probe (Genotyp 2) um den Faktor >1000 gegenüber dem COBAS Amplicor Monitor unterbestimmt worden. Die Ergebnisse der mitgeführten Patientenproben vom HCV-Genotyp 1 in beiden Tests korrelieren dagegen sehr gut.

Dem Hersteller des Testsystems sind insgesamt vier weitere Kundenreklamationen bezüglich der Unterquantifizierung der Viruskonzentration der HCV-Genotypen 2 bis 5 mit dem COBAS TaqMan HCV Test im Vergleich zum COBAS Amplicor HCV Test, v2.0 gemeldet worden. Diese Daten liegen dem Paul-Ehrlich-Institut bislang noch nicht vor. Die Feststellungen der Kunden wurden von dem Hersteller jedoch aufgrund eigener Untersuchungen bestätigt. Der Hersteller hat daraufhin die Zweckbestimmung des Tests eingeschränkt auf den quantitativen Nachweis von HCV RNA der Genotypen 1 und 6.

Für die Anwendung des Tests zum Nachweis der HCV RNA in Blutspenden mit der geforderten Mindestempfindlichkeit von 5.000 IU/ml bezogen auf die Einzelspende besteht dahingehend ein Risiko, wenn eine HCV-Infizierte Spende vom Genotyp 2, 3, 4, oder 5, mit dem COBAS Taqman getestet in einem Poolformat (max. Poolgröße von 96 Einzelspenden) wesentlich (mindestens um Faktor >10) unterbestimmt wird und damit unterhalb der Nachweisgrenze des Tests liegen würde. Hätte diese Spende z.B. eine mit dem COBAS Amplicor gemessene HCV-RNA-Konzentration von 5.000 IU /ml und wird mit dem COBAS TaqMan in einem Pool von 96 getestet und um den Faktor 10 unterbestimmt, wäre das Ergebnis dann unterhalb der Nachweisgrenze. Die Spende wäre als nicht reaktiv freigegeben worden. Entsprechende Unterbestimmungen die wesentlich größer als der Faktor 10 sind, würden auch die erfolgreiche Testung in kleineren Poolformaten bis hin zur Einzelspendentestung in Frage stellen.

Die Hepatitis C geht unbehandelt in ca. 50 % der Fälle in eine chronische Erkrankung über. Die chronische Hepatitis C verläuft selten mit Spontanheilung und meist langsam progredient. Nach 20 bis 30 Jahren entwickeln ca. 20 % der Infizierten das Vollbild einer Leberzirrhose und bei bis zu 5 % ein hepatuzelluläres Karzinom.

Es ist unbestritten und Stand der wissenschaftlichen Erkenntnis, dass Nukleinamplifikationstechniken grundsätzlich geeignet sind, den Zeitraum zwischen einer HCV-Infektion und ihrer Erkennbarkeit zu verringern und so HCV-Übertragungen zu verhindern. Im Mittel beträgt die virämische Phase, in der noch keine Antikörper gegen das Hepatitis C-Virus mit den zur Verfügung stehenden Screeningverfahren nachzuweisen sind, 59 Tage (Schreiber et al., N. Engl. J. Med. 1996, 334:1685-90).

Die Zahl von HCV-Übertragungen und damit der mögliche Nutzen der NAT konnte anhand statistischer Schätzungen auf der Basis epidemiologischer Daten zur Zeit der rein serologischen Spendertestung unter Berücksichtigung der mittleren Fensterphase geschätzt werden. Die in der Literatur genannten Inzidenzen von infektiösen Blutspenden im diagnostischen Fenster schwanken dabei erheblich (Dow et al., Vox Sang 1994; 67:236-237; Sankary et al., Transfusion 1994;34: 656-660; Frieling et al., Vox Sang 1995; 68:55-56). Nach einer Studie des Berufsverbandes der deutschen Transfusionsmediziner wurde in Deutschland bei rein serologischem Spenderscreening das Restrisiko einer HCV-Infektion auf 1: 120 000 geschätzt. Dies bedeutete, dass bei einer Spendenanzahl von ca. 5 Mill. pro Jahr in der Bundesrepublik Deutschland, rein rechnerisch ca. 40 seronegative Spenden HC-Virus hätten enthalten können. Aufgrund des großen Streubereiches könnte der wahre Wert jedoch auch höher oder niedriger gelegen haben.

Aus diesem Grunde wurde mit Wirkung vom 01.04.1999 die Testung auf HCV-Genome im Blutspendewesen eingeführt. (Bescheid des Paul-Ehrlich-Instituts vom 25.02.1998, veröffentlicht im BAnz Nr. 53 am 18.03.1998). Seit diesem Zeitpunkt ist dem Paul-Ehrlich-Institut kein Übertragungsfall einer Hepatitis C durch Blutprodukte bekannt geworden, so dass diese Maßnahme das geeignete Mittel war, das Risiko einer Hepatitis C Infektion durch Blutkomponenten zu minieren.

Für diese NAT-Testung wird im Blutspendewesen auch der HPS COBAS TaqMan HCV Test (Roche Molecular Systems, Inc., Branchburg, USA), pharmazeutischer Unternehmer: Roche Diagnostics GmbH, 68 298 Mannheim eingesetzt. Es handelt sich hier um einen Test auf der Basis der Nukleinsäureamplifikationstechnik (NAT). Der Test hat vergangenes Jahr eine CE-Kennzeichnung nach dem Medizinproduktegesetz (MPG) erhalten. Die Zweckbestimmung ist der quantitative Nachweis von Hepatitits-C-Virus (HCV) RNA der Genotypen 1 bis 6 in humanen Serum oder Plasma.

Aufgrund der bisher bekannten Leistungsdaten des Tests, die im Rahmen der CE-Konformitätsbewertung erhoben wurden, war nach einer entsprechenden Validierung die Testung auf HCV RNA im Rahmen der Herstellung von Blutprodukten möglich.

Aufgrund der dem Paul-Ehrlich-Institut zum gegenwärtigen Zeitpunkt vorliegenden Daten und der durch den Hersteller eingeschränkten Zweckbestimmung des Tests hinsichtlich der HCV-Genotypen ist der bislang verwendete COBAS TaqMan HCV Test zum Nachweis der HCV RNA in Blutspenden ungeeignet, da nicht auszuschließen ist, dass HCV-Infektionen mit den Genotypen 2 bis 5 in jedem Fall durch den COBAS TaqMan HCV Test nicht erkannt werden. Daher ist er durch einen anderen HCV-NAT-Assay zu ersetzen.

Rechtsbehelfsbelehrung

Dieser Verwaltungsakt gilt zwei Wochen nach Veröffentlichung im Bundesanzeiger als bekannt gegeben.

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb eines Monats nach diesem Zeitpunkt Widerspruch erhoben werden. Der Widerspruch ist beim

Paul-Ehrlich-Institut
Bundesamt für Sera und Impfstoffe
Paul-Ehrlich-Str. 51-59
63225 Langen

schriftlich oder zur Niederschrift einzulegen.

Hinweise:

  1. Dieser Bescheid gilt für alle künftig herzustellenden Blutkomponenten. Bereits unter Verwendung des o.g. Tests hergestellte, aber noch nicht in den Verkehr gebrachte Blutkomponenten sind aufgrund dieser Anordnung grundsätzlich ebenfalls nicht mehr verkehrsfähig, sofern keine Nachtestung vorgenommen wird.

    Für Blutkomponenten, die bereits in den Verkehr gebracht wurden, hält es das Paul-Ehrlich-Institut für medizinisch erforderlich, eine Nachtestung entweder an einer Rückstellprobe des Pools oder der einzelnen Nachuntersuchungsprobe mittels einer den obigen Kriterien entsprechenden HCV-NAT durchzuführen, es sei denn der Spender hat bereits zu einem späteren Zeitpunkt eine Folgespende geleistet, die mittels einer den obigen Kriterien entsprechenden HCV-NAT negativ auf HCV-Genome getestet wurde. Eine solche nachträgliche Untersuchung hält das Paul-Ehrlich-Institut aus Gründen der Gesundheitsvorsorge für geboten, damit festgestellt werden kann, ob durch eine möglicherweise nicht erkannte Infektion eines Spenders ein Empfänger der Blutprodukte mit Hepatitis C infiziert wurde. Im Falle einer möglichen Übertragung muss sichergestellt werden, dass der/die Empfänger(in) über seine/ihre Infektion informiert wird, so dass durch frühzeitige Therapie eine Chronifizierung möglicherweise verhindert werden kann (siehe hierzu RKI). Die Information ist auch aus Gründen des Drittschutzes notwendig, da eine Übertragung des HC-Virus durch Geschlechtsverkehr zwar sehr selten ist, aber nicht ausgeschlossen werden kann. Auch ist die vertikale Transmission bekannt. Die Anordnung der Nachtestung solcher bereits in den Verkehr gebrachter Produkte liegt jedoch nicht im Zuständigkeitsbereich des Paul-Ehrlich-Instituts, da es sich hierbei um eine Überwachungsmaßnahme handeln würde. Eine entsprechende Regelung kann jedoch durch die zuständigen Behörden der Bundesländer erfolgen.

  2. Diese Anordnung ist gemäß § 28 Abs. 3c Satz 2 AMG sofort vollziehbar; Widerspruch und Anfechtungsklage haben keine aufschiebende Wirkung.
  3. Pharmazeutische Unternehmer, die den o.g. Test bislang bei der Herstellung ihrer Produkte verwendet haben, haben dem Paul-Ehrlich-Institut die Umsetzung dieser Anordnung durch Änderungsanzeige gemäß § 29 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. Abs. 2a Satz 1 Nr. 4 AMG unverzüglich mitzuteilen. Falls der pharmazeutische Unternehmer eine Spenden-Stammdokumentation eingereicht hat und diese vom Paul-Ehrlich-Institut bestätigt wurde, kann die Änderungsanzeige für diese Stammdokumentation erfolgen.

Langen, den 11. August 2004

Paul-Ehrlich-Institut

- Bundesamt für Sera und Impfstoffe -

in Vertretung

Dr. M. Moos

Aktualisiert: 03.09.2004