Paul-Ehrlich-Institut

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Ab­wehr von Arz­nei­mit­tel­ri­si­ken; An­hö­rung zu ei­ner Maß­nah­me zur Ri­si­ko­vor­sor­ge über die Zu­las­sung und Re­gis­trie­rung von zel­lu­lä­ren Blut­pro­duk­ten und ge­fro­re­nem Frisch­plas­ma, Stu­fe II (vom 29. Sep­tem­ber 2004)

Sie finden diese Bekanntmachung im Original im Bundesanzeiger Nr. 204 vom 27. Oktober 2004, S. 22 405

Das Paul-Ehrlich-Institut (PEI) beabsichtigt zur Risikovorsorge durch Auflage zur Zulassung die nachfolgende Anforderung festzulegen:

  1. Bei der Herstellung von Vollblut, zellulären Blutkomponenten (ausgenommen Nabelschnurblut) und gefrorenem Frischplasma darf ab dem 01. April 2005 kein Ausgangsmaterial aus Spenden verwendet werden, bei deren Spender seit dem 01. Januar 1980 im Vereinigten Königreich Großbritannien und Nordirland schwere Operationen (d.h. Eingriffe, bei denen Blutprodukte verabreicht worden sein könnten) durchgeführt wurden.
  2. Bei der Herstellung von Vollblut, zellulären Blutkomponenten (ausgenommen Nabelschnurblut) und gefrorenem Frischplasma darf ab dem 01. April 2005 kein Ausgangsmaterial aus Spenden verwendet werden, deren Spender seit dem 01. Januar 1980 eine Bluttransfusion (Vollblut, zelluläre Blutkomponenten oder gefrorenes Frischplasma) erhalten haben.
  3. Kosten werden gesondert erhoben.

Begründung:

Die beabsichtigte Auflage beruht auf § 28 Abs. 3c Satz 1 Nr. 1 Arzneimittelgesetz (AMG). Danach kann das Paul-Ehrlich-Institut, soweit es u.a. zur Risikovorsorge geboten ist, bei den o.g. Arzneimitteln durch Auflage anordnen, dass bei ihrer Herstellung und Kontrolle bestimmte Anforderungen eingehalten und bestimmte Maßnahmen und Verfahren angewendet werden. Die o.g. Auflage ist geboten, um dem Risiko der Weiterverbreitung der Variante der Creutzfeldt-Jakob-Krankheit (vCJK) durch Blutkomponenten zur Transfusion zu begegnen. Da bisher keine Screeningtests zum Ausschluss einer Infektiosität gespendeten Blutes zur Verfügung stehen, ist nicht mit Sicherheit zu verhindern, dass durch die Nahrungskette mit dem vCJK-Agens Infizierte die Infektion an Empfänger der aus der Spende hergestellten Blutzubereitungen weitergeben könnten. Diese durch Transfusionen infizierten Personen könnten dann das vCJK-Agens durch Blutspenden weiterverbreiten. Solange keine ausreichend sensitiven und zuverlässigen Testmethoden zur Verfügung stehen, ist die derzeit einzige geeignete Möglichkeit, die Weiterverbreitung von vCJK durch Blutspenden von infizierten Transfusionsempfängern zu verhindern, Transfusionsempfänger grundsätzlich von der Blutspende auszuschließen.

Das 1996 erstmals beobachtete Krankheitsbild vCJK ist eine nach dem derzeitigen Wissensstand regelmäßig tödlich verlaufende, nicht kausal behandelbare neurologische Erkrankung. Es gilt inzwischen als gesichert, dass es sich bei vCJK um ein Übergreifen der Rinderseuche Bovine spongiforme Enzephalopathie (BSE) auf Menschen handelt, vermittelt durch den Verzehr kontaminierten Rindermaterials. Solche sog. Risikomaterialien (z.B. Hirn und Hirnanhangsgewebe) sind inzwischen durch strenge Auflagen bei der Schlachtung und durch Untersuchung der Rinder aus der Nahrungskette eliminiert worden. Wie BSE gehört die neue Erkrankung vCJK zu der Gruppe der transmissiblen spongiformen Enzephalopathien (TSE) und unterscheidet sich von der seit 1920 bekannten, sporadisch auftretenden Creutzfeldt-Jakob-Krankheit (CJK) durch ein bevorzugtes Auftreten in jungem Alter, verlängerten Verlauf und ein unterschiedliches Muster neurologischer Störungen. Entscheidend für die Sicherung der Diagnose ist der histopathologische Nachweis der typischen spongiformen (schwammartigen) Veränderungen in Kombination mit als "floride Plaques" bezeichneten Ablagerungen von sogenannten Prionen. Diese Prionen, ein aus der Bezeichnung "Proteinacious Infectious Particle" gebildetes Kurzwort, stellen das nach der Theorie von Prusiner auslösende Agens von TSE dar. Es handelt sich um in der Aminosäurensequenz mit einem jeweiligen körpereigenen Protein bisher unbekannter Funktion (sog. Prionprotein, cellular prion protein, PrPc) identische, aber anders gefaltete und damit in den physikochemischen Eigenschaften vom jeweiligen physiologischen Protein sehr unterschiedliche Proteine, die in der Fachliteratur häufig nach ihrer Resistenz gegenüber dem Abbau durch Proteasen als PrPres, oder auch nach dem am längsten bekannten Prototyp der TSE, der Schafkrankheit Scrapie, als PrPSC bezeichnet werden. Ein wichtiger Beleg für die Priontheorie ist, dass es kürzlich gelang, synthetisch Prionen herzustellen, die in Mäusen neurologische Störungen hervorriefen (Legname et al., Science 305:673-676;2004).

Nach neuen Erkenntnissen muss davon ausgegangen werden, dass das vCJK auslösende Agens im Blut enthalten sein und durch Blutzubereitungen übertragen werden kann. In zahlreichen Tierexperimenten konnten Anhaltspunkte für eine mögliche Infektiosität von Blut zusammengetragen werden (Übersicht bei Löwer J: Die Risikoeinschätzung einer Übertragung von Prionkrankheiten durch Blut, Augenhornhaut und Hirnhaut. In: Hoernlimann B, Riesner D Kretschmar H. Prionen und Prionkrankheiten. Walter de Gruyter Berlin - New York, 2001). In einem Experiment an Schafen wurde konkret nachgewiesen, dass TSE durch Transfusionen übertragbar ist: Mit oral verabreichtem BSE-Material infizierten oder natürlich für Scrapie anfälligen Schafen wurden Blutkomponenten entnommen, die auf genetisch für TSE empfängliche Schafe transfundiert wurden und in einigen Fällen typische Erkrankungen der Empfängerschafe auslösten (Hunter N et al.: J Gen Virol 83:2897-2905;2002).

Inzwischen sind im Vereinigten Königreich Großbritannien und Nordirland (nachfolgend als UK [für United Kingdom] abgekürzt) auch beim Menschen zwei Fälle beobachtet worden, die als Übertragungen des vCJK-Agens durch Transfusionen angesehen werden müssen. In UK, das weitaus stärker als alle anderen Länder mit BSE belastet war, sind bisher insgesamt 147 (Stand 06.09.04) definitive oder wahrscheinliche Erkrankungsfälle von vCJK aufgetreten. Einige dieser Patienten waren vor Ausbruch der Erkrankung Blutspender. Insgesamt 17 identifizierte Empfänger solcher Blutspenden wurden der Beobachtung durch die britische National Creutzfeldt-Jakob Disease Surveillance Unit (NCJDSU) zugeführt. Der erste im Dezember 2003 in UK bekannt gewordene Fall von vCJK bei einem so überwachten Patienten, der eine Bluttransfusion von einem Spender erhalten hatte, der zwischenzeitlich an vCJK erkrankt und verstorben war, wurde kürzlich publiziert (Llewelyn et al., Lancet 363:417-421;2004). Am 22.07.2004 wurde bekannt, dass in UK ein zweiter Fall einer möglichen Übertragung von vCJK durch eine Bluttransfusion beobachtet wurde (Peden et al., Lancet 364:527-529;2004). Es handelt sich um eine Person ungenannten Geschlechts und Alters, die 1999 eine Transfusion von nicht-leukozytendepletierten Erythrozyten von einem Spender erhielt, bei dem 2001 vCJK festgestellt wurde. Der Fall weist die Besonderheit auf, dass die Person nicht an einer neurologischen Krankheit verstarb, also nicht das typische Krankheitsbild vCJK entwickelte. Dies könnte bedeuten, dass hier eine "subklinische" Infektion stattgefunden hat, es muss jedoch auch als wahrscheinlich angesehen werden, dass eine vCJK-Erkrankung zu einem späteren Zeitpunkt ausgebrochen wäre, wenn der Patient länger gelebt hätte. Bei der Autopsie fand sich im Gehirn zwar kein Hinweis auf eine Prionerkrankung, aber Prionen wurden mit mehreren Methoden in der Milz entdeckt, immunzytochemisch auch in Halslymphknoten. Dies ist von Interesse im Zusammenhang mit einer Publikation von Hilton et al. (J Pathol, online publication DOI: 10.1002/path. 1580), nach der die Häufigkeit des Nachweises von Prionen in lymphoretikulären Geweben im Vergleich zu der Häufigkeit von vCJK unerwartet hoch ist. Weiterhin ist die Angabe von Bedeutung, dass der Patient im Codon 129 des Prionproteins heterozygot war. Während bei allen bisher beobachteten Erkrankungsfällen an vCJK eine Homozygotie für Methionin (ca. 40% der Bevölkerung) vorlag, könnte nach dieser neuen Beobachtung auch der Rest der Bevölkerung betroffen sein. Daher ist nicht auszuschließen, dass in UK ein zweiter, verzögerter und stärker ausgeprägter Gipfel von vCJK nachfolgen könnte.

Die Entwicklung von diagnostischen Methoden zum Nachweis von PrPres macht zwar Fortschritte. Wie kürzlich von P. Brown vorgetragen (EPFA & PEI XIth NAT Workshop, Paris, Mai 2004), gelingt der Nachweis inzwischen im Blut von TSE-erkrankten Tieren. Es gibt auch einige viel versprechende neue methodische Ansätze. Aber es ist nach wie vor nicht absehbar, ob und wann ein für das Routinescreening geeigneter Test zur Verfügung stehen wird, der in der Lage ist, das Agens beim Menschen in der präklinischen Phase, wo die Spiegel vermutlich noch wesentlich niedriger sind, zuverlässig zu erkennen.

Daher sind die Möglichkeiten, vorsorgliche Maßnahmen zu ergreifen, bislang noch auf die Formulierung von anamnestischen Spenderauswahlkriterien und auf die Anwendung von Herstellungsschritten zur Entfernung oder Abreicherung von Prionen beschränkt. Solche Herstellungsschritte sind bereits seit langem Bestandteil der Verfahren zur Fraktionierung von Plasma und Aufreinigung der industriellen Plasmaprodukte (z.B. Gerinnungsfaktoren, Immunglobuline, Albumin). So wird in dem CPMP POSITION STATEMENT ON CREUTZFELDT-JAKOB DISEASE AND PLASMA-DERIVED AND URINE-DERIVED MEDICINAL PRODUCTS vom Juni 2004 ausgeführt, dass die zur Verfügung stehenden Daten anzeigten, dass die Herstellungsmethoden für Arzneimittel aus fraktioniertem Plasma die Infektiosität reduzieren würden, sofern eine solche durch menschliches Plasma bestünde. Zudem sollte erwähnt werden, dass Blut aus UK weder zur Herstellung von Plasmaprodukten noch von Blutkomponenten zur Transfusion auf dem deutschen Mark verwendet wird und wurde.

Bzgl. der Blutkomponenten zur Transfusion wurde mit Bescheid des Paul-Ehrlich-Instituts vom 18.08.2000 (BAnz. S. 18 396) zum 01.10.2001 die Abreicherung von Leukozyten angeordnet und es gibt gewisse tierexperimentelle Hinweise, dass die Infektiosität vorwiegend in Leukozyten lokalisiert ist. Im Falle des Zutreffens dieser Annahme dürfte also die Anordnung über die Leukozytendepletion zu einem weiteren Sicherheitsgewinn in Bezug auf die Vermeidung einer Übertragung von vCJK durch Blutprodukte geführt haben. Die Wirksamkeit dieser Maßnahme konnte jedoch bislang nicht hinreichend wissenschaftlich belegt werden, so dass auch weiterhin zur Risikovorsorge vor allem anamnestische Spenderauswahlkriterien herangezogen werden müssen. Das Risiko einer Infektion über den Verzehr von BSE-Risikomaterialien in der Nahrungskette bestand im wesentlichen in UK in der Zeit von 1980 bis 1996 (s. Bericht 'Gesamtstrategie Blutversorgung angesichts vCJK'). Seit Oktober 2001 werden daher Spendewillige, die sich zwischen 1980 und 1996 ein halbes Jahr oder länger in Großbritannien aufgehalten haben, nicht mehr zur Spende zugelassen.

Da nunmehr zwei Fälle in UK beobachtet wurden, die als Übertragung von vCJK durch Transfusionen anzusehen sind, erscheint es geboten, Personen von der Blutspende in Deutschland auszuschließen, denen seit 1980 in UK Blutprodukte verabreicht wurden. Dies schließt prinzipiell auch Plasmaprodukte ein, da in UK erst seit 1998 heimisches Plasma nicht mehr zur Herstellung von therapeutischen Präparaten verwendet wird und da keine ausreichenden Unterlagen über die Herstellung und Reinigungsschritte der in UK verwendeten Arzneimittel vorliegen, da diese zu keinem Zeitpunkt in Deutschland zugelassen waren. Patienten, die regelmäßig Blutprodukte erhalten, wie z.B. Hämophiliepatienten, sind sich dessen selbstverständlich bewusst und sind zudem auch bereits auf Grund dieser Erkrankung von der Blutspende ausgeschlossen. Für sie muss daher im Hinblick auf in UK erhaltene Blutprodukte keine gesonderte Regelung getroffen werden. Allerdings ist zu erwarten, dass ein großer Teil der in UK ärztlich behandelten Personen nicht in jedem Fall wissen dürfte, ob ihnen ein Blutprodukt verabreicht wurde. Außer zur kontinuierlichen Behandlung von Erkrankungen werden Blutprodukte in der überwiegenden Zahl der Fälle im Rahmen von schweren Operationen verabreicht. Um den dadurch einem potentiell höheren Risiko einer vCJK-Infektion ausgesetzten Personenkreis möglichst sicher erfassen zu können, wurde daher in Nr. 1 der hiesigen Tenorierung auf diesen Punkt abgestellt.

Die jetzt unter Punkt 2 der Tenorierung beabsichtigte Maßnahme soll für den - wenngleich sehr unwahrscheinlichen - Fall, dass trotz der bereits geltenden Vorsichtsmaßnahmen Menschen in Deutschland durch Bluttransfusionen mit dem vCJK-Agens infiziert werden, eine Weiterverbreitung über Blutspenden dieser Personen verhindern. Hierbei handelt es sich um eine höchst vorsorgliche Maßnahme, denn bisher sind in Deutschland keine Fälle von vCJK bekannt geworden. Es gibt dementsprechend auch keinen bekannten Fall von Übertragung von vCJK durch Transfusionen in Deutschland. Allerdings ist die beabsichtigte Maßnahme dennoch geboten, da

  1. vCJK eine noch nicht genau bekannte, aber nach Schätzungen über 15 Jahre betragende Inkubationszeit hat und daher bereits eine unbekannte Anzahl von (aus der Nahrungskette) Infizierten in der präklinischen Phase vorhanden sein könnten,
  2. wie oben ausgeführt, kein Screeningtest zur Erkennung Infizierter in der präklinischen Phase verfügbar ist und
  3. nach den beiden in UK beobachteten Fällen angenommen werden muss, dass Blutspenden in der präklinischen Phase das vCJK-Agens übertragen können.

Von einer von der Bundesministerin für Gesundheit und Soziale Sicherung Ulla Schmidt eingesetzten Arbeitsgruppe wurde die Frage beraten, ob durch die Möglichkeit der Übertragung durch Transfusionen die Erkrankung vCJK sich trotz Säuberung der Nahrungskette in der Menschheit festsetzen könnte und ob ein Ausschluss von Transfusionsempfängern den Verlauf der vCJK-Epidemie wesentlich beeinflussen könnte. Nach den bisher vorliegenden Ergebnissen einer epidemiologischen Modellrechnung sind beide Fragen zu verneinen; die Ergebnisse sollen nach Vervollständigung der Berechnungen publiziert werden. Allerdings deuten der zweite kürzlich in UK beobachtete Fall und die Arbeit von Hilton et al. (s.o.) darauf hin, dass mit einer weit höheren "Dunkelziffer" präklinischer Fälle als bisher vermutet gerechnet werden muss. Für die Einschätzung der Lage in Deutschland sind folgende Überlegungen relevant. Es ist letztlich nicht auszuschließen, dass in UK mit vCJK Infizierte bereits Blut gespendet haben könnten, bevor der entsprechende Ausschluss im Oktober 2001 eingeführt werden konnte. Andererseits muss angenommen werden, dass auch in Deutschland, zumindest in der Zeit vor Einführung der Testung von Rindern im November 2000, ein wenn auch im Vergleich zu UK geringes einheimisches BSE-Risiko bestand.

Es ist anzunehmen, dass durch die beabsichtigte Maßnahme eine nicht abzuschätzende Anzahl von Übertragungsfällen verhindert werden kann. Angesichts des schweren und bisher unweigerlich tödlichen Verlaufes der Erkrankung und der fehlenden therapeutischen Optionen ist daher die beabsichtigte Maßnahme geboten, um das Risiko zu minimieren. Die Maßnahme ist auch geeignet und angesichts der fehlenden diagnostischen Möglichkeiten ohne Alternativen.

Der beabsichtigte Ausschluss von Transfusionsempfängern wird allerdings mit Problemen und Nachteilen verbunden sein. Nach einer im Arbeitskreis Blut vorgestellten Untersuchung der Blutspendedienste, bei der Blutspender befragt wurden, ob sie selbst bereits Transfusionen empfangen haben, ergab sich, dass der auszuschließende Personenkreis etwa 4 % der Blutspender umfassen würde. Um die Blutversorgung aufrecht zu erhalten, müssten in vergleichbarem Umfang neue Spender rekrutiert werden. Erfahrungen aus Frankreich, wo der Ausschluss von Transfusionsempfängern von der Blutspende bereits angeordnet und umgesetzt wurde, zeigen, dass dies möglich, aber mit Schwierigkeiten und hohem Aufwand verbunden ist. Zudem ist zu bedenken, dass nach den vom Robert Koch-Institut (RKI) nach § 22 Transfusionsgesetz (TFG) erhobenen Daten zur Epidemiologie von Blutspendern die Prävalenz von Virusinfektionen bei Erstspendern höher ist als bei Dauerspendern. Ein weiteres Problem ist es, dass ein Ausschluss von den betroffenen, häufig besonders zur Spende motivierten Transfusionsempfängern als frustrierende Zurückweisung, oder gar als Stigmatisierung empfunden werden könnte. Es muss auch vermieden werden, bei den Betroffenen Ängste zu wecken, dass sie ein erhöhtes Risiko einer vCJK-Erkrankung trügen. Um diese Nachteile und negativen Auswirkungen vermeiden oder zumindest abfedern zu können, ist daher ein ausreichender Zeitraum von etwa einem halben Jahr zur Vorbereitung einzuräumen.

Neben den Nachteilen der Maßnahme ist allerdings auch der positive Effekt hervorzuheben, dass ein Ausschluss von Transfusionsempfängern die Weiterverbreitung nicht nur von vCJK, sondern aller durch Blut übertragbarer Erkrankungen verhindern kann; in Frankreich wurde die Maßnahme bereits Ende der 90er Jahre im Hinblick auf Viruserkrankungen eingeführt.

Von den beabsichtigten Maßnahmen kann Nabelschnurblut ausgenommen werden, da es bisher keine konkreten Anhaltspunkte dafür gibt, dass bei subklinisch an vCJK erkrankten Frauen ein Übergang von Prionen ins Nabelschnurblut stattfinden könnte.

Zusammenfassend kann festgestellt werden, dass die beabsichtigte Maßnahme zur Verhütung einer Weiterverbreitung von vCJK durch Bluttransfusionen geeignet ist. Angesichts des schweren und bisher unweigerlich tödlichen Verlaufes der Erkrankung vCJK und der fehlenden therapeutischen Optionen ist es auch geboten, jede mögliche und im Hinblick auf die Aufrechterhaltung der Versorgung mit Blutkomponenten zur Transfusion noch vertretbare Maßnahme zu ergreifen, durch die das Risiko einer Übertragung von vCJK weiter verringert wird. Die Maßnahme ist auch bei Berücksichtigung der damit verbundenen Nachteile angemessen, sofern ein ausreichender Zeitraum zur Vorbereitung gewahrt wird.

Es wird Ihnen Gelegenheit gegeben, zu der beabsichtigten Maßnahme innerhalb von acht Wochen nach Bekanntgabe im Bundesanzeiger Stellung zu nehmen.

Langen, den 29. September 2004

Paul-Ehrlich-Institut

- Bundesamt für Sera und Impfstoffe -

Prof. Dr. med. J. L ö w e r

Aktualisiert: 27.10.2004